Bearbeiten von «Maskenfabrik Müller»

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=== Der Ursprung ===
=== Der Ursprung ===
1867 verkauft '''Adelrik Oechslin''' seine Maskenfabrik an '''Dominik Kälin''' aus Einsiedeln, der sie wiederum  
Der Ursprung der Maskenfabrik Müller liegt eigentlich im Erzgebirge.<br>
1906 an seine Hausangestellte '''Berta Kromer''' weiterverkaufte. Durch die Heirat mit '''Robert Schupp''' aus St Gallen wurde die Fabrikation im Jahre 1910 dorthin verlegt.  
   
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Im Jahre  1898 verlegte ein Fabrikant von Fasnachtsmasken seine Produktion aus dem Erzgebirge in die Schweiz. 1910 übersiedelt die Firma nach St. Gallen.<br>


Am 8. Oktober 1920  ernennt der damalige Besitzer, Tapezierer Robert Schupp, seinen Sohn Josef Schupp zum Prokuristen und zieht mit der Maskenfabrikation nach Speicher in das Fabrikationsgebäude der ehemaligen Bobinerie (Spulerei) Jakob Sprenger im Oberen Bendlehn 28.<br><br>
Am 8. Oktober 1920  ernennt der damalige Besitzer, Tapezierer Robert Schupp, seinen Sohn Josef Schupp zum Prokuristen und zieht mit der Maskenfabrikation nach Speicher in das Fabrikationsgebäude der ehemaligen Bobinerie (Spulerei) Jakob Sprenger im Oberen Bendlehn 28.<br><br>
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08082017 Müller Masken Speicher.jpg | Bobinerie um 1910
Maskenfabrik Gebäudekomplex 01.jpg | Bobinerie Sprenger ca.1920
Maskenfabrik Gebäudekomplex 01.jpg | Maskenfabrik um 1920
Maskenfabrik Gebäudekomplex 02.jpg | Maskenfabrik um 1930
Maskenfabrik Gebäudekomplex 02.jpg | Maskenfabrik um 1930
Maskenfabrik Gebäudekomplex.jpg | Luftaufnahme Maskenfabrik
Maskenfabrik Gebäudekomplex.jpg | Luftaufnahme Maskenfabrik
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=== Friedrich Müller kauft Maskenfabrik ===
=== Friedrich Müller kauft Maskenfabrik ===
[[Datei:Maskenfabrik Müller.jpg |500px|thumb|rigth| Meldung des Handelsregisters]]
[[Datei:Maskenfabrik Müller.jpg |500px|thumb|rigth| Meldung des Handelsregisters]]
Am 11. Juni 1927 kauft  Friedrich Müller den Gebäudekomplex der Maskenfabrik ([[Arzthaus im Bendlehn|Fabrikantenhaus]], Kutscherhaus und Fabrik) an der Kreuzgasse und lässt sie im Handelsregister als Firma '''"Friedrich Müller"''' eintragen. Die Firma stellt weiterhin die originalen Wachs- und Fasnachtsmasken her.<br>
Am 11. Juni 1927 kauft  Friedrich Müller den Gebäudekomplex der Maskenfabrik (Fabrikanten-, Kutscherhaus und Fabrik) an der Kreuzgasse und lässt sie im Handelsregister als Firma '''"Friedrich Müller"''' eintragen. Die Firma stellt weiterhin die originalen Wachs- und Fasnachtsmasken her.<br>
 
Die verschiedenen Gebäude existieren noch heute und tragen die Hausnummern "Oberer Bendlehn Nr.28, Nr.30 und [[Arzthaus im Bendlehn|Nr.32]]".<br>
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P3272983.jpg | Brief von 1927
Maskenfabrik Visitenkarte.jpeg  | Visitenkarte Maskenfabrik
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Die verschiedenen Gebäude existieren noch heute und tragen die Hausnummern "Oberer Bendlehn Nr.28, Nr.30 und Nr.32".<br>
Der 1902 geborene Friedrich Müller, ein Kaufmann aus Gersau am Vierwaldstättersee, war nach der Lehrzeit ausgewandert, um in der "Fremde" nicht nur Arbeit, sondern auch seine Selbständigkeit zu finden. In Speicher lernte er die aus Lachen SZ stammende Rosa Diethelm kennen und heiratet sie 1936. Drei Kinder werden geboren: Dionys 1937, Urs 1940 und Pia 1947.<br>
Der 1902 geborene Friedrich Müller, ein Kaufmann aus Gersau am Vierwaldstättersee, war nach der Lehrzeit ausgewandert, um in der "Fremde" nicht nur Arbeit, sondern auch seine Selbständigkeit zu finden. In Speicher lernte er die aus Lachen SZ stammende Rosa Diethelm kennen und heiratet sie 1936. Drei Kinder werden geboren: Dionys 1937, Urs 1940 und Pia 1947.<br>
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Friedrich Müller.jpg | Friedrich Müller
Friedrich Müller.jpg | Friedrich Müller
Müller Masken Rosa und Kinder.jpg | Rosa mit Kindern um 1950
Rosa Müller mit Dionys, Urs und Pia.jpg | Rosa Müller mit Dionys, Urs und Pia
Rosa Müller mit Dionys, Urs und Pia.jpg | Rosa mit Kindern um 1956
Maskenfabrik Visitenkarte.jpeg  | Visitenkarte Maskenfabrik
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Mit der Heirat kommen zwei Menschen aus Ortschaften mit grosser Fasnachts-Tradition zusammen. Das war natürlich förderlich für die Entwicklung der schon bald schweizweit bekannten und berühmten '''"Maskenfabrik Müller"'''.<br>
Mit der Heirat kommen zwei Menschen aus Ortschaften mit grosser Fasnachts-Tradition zusammen. Das war natürlich förderlich für die Entwicklung der schon bald schweizweit bekannten und berühmten '''"Maskenfabrik Müller"'''.<br>
Schon bald arbeiten hier rund 20 Arbeiter und Arbeiterinnen, welche zum Teil in Heimarbeit beschäftigt sind.<br>
Schon bald arbeiten hier rund 50 Arbeiter und Arbeiterinnen, welche zum Teil in Heimarbeit beschäftigt sind.<br>
   
   
Im Sommer 1948 wurden die technischen Einrichtungen vollständig ersetzt, so dass die Leistungsfähigkeit der Fabrik eine nochmalige und bedeutende Steigerung erfuhr, um auf die immer grösser werdenden Bestellungen der Kundschaft reagieren zu können.<br>
Im Sommer I948 wurden die technischen Einrichtungen vollständig ersetzt, so dass die Leistungsfähigkeit der Fabrik eine nochmalige und bedeutende Steigerung erfuhr, um auf die immer grösser werdenden Bestellungen der Kundschaft reagieren zu können.<br>
   
   
X-tausende der originellen Qualitätsmasken verliessen jährlich den Betrieb in alle Richtungen der Schweiz und ins Ausland. Während des 2. Weltkrieges fiel der Export komplett in sich zusammen und konnte anschliessend nur mühsam wieder angekurbelt werden.
Hunderttausende von originellen Qualitätsmasken verliessen jährlich den Betrieb in alle Richtungen der Schweiz und ins Ausland. Während des 2. Weltkrieges fiel der Export komplett in sich zusammen und konnte anschliessend nur mühsam wieder angekurbelt werden.


=== Der Patron stirbt ===
=== Der Patron stirbt ===
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Nach seinem plötzlichen Hinscheiden führte Rosa Müller ihr gemeinsam aufgebautes Lebenswerk während 23 Jahren weiter.<br>
Nach seinem plötzlichen Hinscheiden führte Rosa Müller ihr gemeinsam aufgebautes Lebenswerk während 23 Jahren weiter.<br>
Sie bereiste und belieferte als Geschäftsfrau fast in der ganzen Schweiz Papeterien, Spielwarengeschäfte, Coiffeure, Warenhäuser und Grossverteiler mit '''"Müller-Masken"'''. Das Tessin blieb aber stets aussen vor.<br>
Sie bereiste und belieferte als Geschäftsfrau fast in der ganzen Schweiz Papeterien, Spielwarengeschäfte, Coiffeure, Warenhäuser und Grossverteiler mit '''"Müller-Masken"'''. Das Tessin blieb aber stets aussen vor.<br>
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Katalog Schupp 7.jpg  | Alter Katalog von Schupp
08082017 Katalog Müller Moritz.jpg | "Moritz" Masken von Müller
08082017 Katalog Müller Swiss star.jpg | Swissstar-Masken von Müller
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Rosa Müller reiste auch jedes Jahr an die Fachmesse in Nürnberg, wo sie Perücken, Nasen, Bärte, Schnäuze, Neckwädel, usw., also Zubehör für ihr Geschäft einkaufte.<br>
Rosa Müller reiste auch jedes Jahr an die Fachmesse in Nürnberg, wo sie Perücken, Nasen, Bärte, Schnäuze, Neckwädel, usw., also Zubehör für ihr Geschäft einkaufte.<br>


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{{#widget:YouTube|width=100%|height=480|id=KKKeMLCWnWY}}<br>
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Arbeiterinnen, hauptsächlich aus Italien, waren in der Produktion über das ganze Jahr hinweg beschäftigt. Sie mussten die Models mit Stoff-Stücken belegen, die man zuvor in einer kleisterähnlichen Klebepappe getaucht hatte. Anschliessend wurde der Stoff durch ziehen, reiben und dehnen in die gewünschte Form gebracht.<br>
Arbeiterinnen, meist aus Italien, waren in der Produktion über das ganze Jahr hinweg beschäftigt. Sie mussten die Models mit Stoff-Stücken belegen, die man zuvor in einer kleisterähnlichen Klebepappe getaucht hatte. Anschliessend wurde der Stoff durch ziehen, reiben und dehnen in die gewünschte Form gebracht.<br>
Nun wurden die Models auf Heizungsrohre gestellt, damit diese Roh-Masken während rund 24 Stunden trocknen konnten. Dann wurde der überschüssige Stoff abgeschnitten.<br>
Nun wurden die Models auf Heizungsrohre gestellt, damit diese Roh-Masken während rund 24 Stunden trocknen konnten. Dann wurde der überschüssige Stoff abgeschnitten.<br>
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Friedrich Müller bemalt Masken.jpg | Friedrich Müller bemalt Maske
Maskenfabrik Maskenproduktion.jpg | Maskenproduktion
Maskenfabrik Müller Produktion.jpg | Maskenproduktion
Maskenfabrik fertige Masken.jpg | Fertige Masken
Maskenfabrik Müller Maskenauswahl.jpg | Fertige Masken
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Heimarbeiterinnen, meist einheimische Hausfrauen, waren für die Bemalung der Masken zuständig. Ihnen wurde mit den Rohmasken eine fertige Mustermaske mitgeliefert, damit sie genau nach Vorlage bemalt werden konnten.<br><br>
Heimarbeiterinnen, meist einheimische Hausfrauen, waren für die Bemalung der Masken zuständig. Ihnen wurde mit den Rohmasken meist eine fertige Mustermaske mitgeliefert, damit sie genau nach Vorlage bemalt werden konnten.<br>
Die bis zu 150-jährigen Mutterformen der Maskenfabrik Müller:
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In der Fabrik zurück wurden die gemalten Masken in heisses Wachs getaucht, daher auch der Name Wachsmaske.<br>
In der Fabrik zurück wurden die gemalten Masken in heisses Wachs getaucht, daher auch der Name Wachsmaske.<br>


Im gesamten existierten über 600 verschiedene Models (Gesichtsformen), aus denen '''Wachsmasken''' und '''Swiss-Star-Masken''' aller Art hergestellt wurden:  
Im gesamten existierten über 600 verschiedene Models (Gesichtsformen), aus denen '''Wachsmasken''' und '''Swiss-Star-Masken''' aller Art hergestellt wurden:  
==== Wachsmasken ====
==== '''Wachsmasken''' ====
* Traditionsmasken der Innerschweiz   
* Traditionsmasken der Innerschweiz   
* Waggis und der «Ueli» (Vogel Gryff) für Basel  
* Waggis und der «Ueli» (Vogel Gryff) für Basel  
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==== Spezialitäten-Masken ====
==== '''Spezialitäten-Masken''' ====
* Swiss-Star-Masken, eine 60er-Jahren entwickelte luftdurchlässige Larve
* Swiss-Star-Masken, eine 60er-Jahren entwickelte luftdurchlässige Larve
* Masken für die Röllibutzen in Altstätten  
* Masken für die Röllibutzen in Altstätten  
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==== Domino-Masken und Zubehör ====  
==== '''Domino-Masken und Zubehör''' ====  
Domino-Masken waren Halbmasken mit oder ohne Fransen und Behang und sehr beliebt.<br>
Domino-Masken waren Halbmasken mit oder ohne Fransen und Behang und sehr beliebt.<br>
Diese Larven wurden einst massenweise produziert, d.h. gegen 40‘000 Domino's verliessen pro Jahr die Fabrik.
Diese Larven wurden einst massenweise produziert, d.h. gegen 40‘000 Domino's verliessen pro Jahr die Fabrik.
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1982 übernimmt der Luzerner Thomas Steiger, der bereits einige Jahre bei Camenzind & Co gearbeitet hatte, zusammen mit seiner Frau die Maskenfabrik.<br>
1982 übernimmt der Luzerner Thomas Steiger, der bereits einige Jahre bei Camenzind & Co gearbeitet hatte, zusammen mit seiner Frau die Maskenfabrik.<br>
1988 erfolgte der Umzug nach Steinen, wo Verena Steiger seit 1992 das "Maskenatelier" in eigener Regie führt und wo auch heute noch '''nach fast hundert Jahren immer noch „Müller“-Masken hergestellt werden'''.<br>
1988 erfolgte der Umzug nach Steinen, wo Verena Steiger seit 1992 das "Maskenatelier" in eigener Regie führt und so auch heute noch '''nach fast hundert Jahren immer noch „Müller“-Masken hergestellt werden'''.<br>
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Die nächste Generation ist in der Person von Susan Steiger bereits aktiv in der Maskenproduktion tätig.<br>
Maskenfabrik Gipspositive.jpg|Mutterformen
Maskenfabrik Atelier.jpg|Atelier Steiger Masken
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=== Die Patronin stirbt ===  
=== Die Patronin stirbt ===  
Nach dem Verkauf ihrer geliebten Fabrik wohnt Rosa Müller weiterhin in ihren Haus im [[Arzthaus im Bendlehn|Oberen Bendlehn Nr. 32]].<br>
Nach dem Verkauf ihrer geliebten Fabrik wohnt Rosa Müller weiterhin in ihren Haus im Oberen Bendlehn Nr. 32.
 
Sie hat weiterhin Kontakt mit vielen ihren Mitarbeiterinnen aus Italien, die sie regelmassig besuchen kommen.<br>
Sie hält auch immer Kontakt mit vielen ihren Mitarbeiterinnen aus Italien, die sie regelmassig besuchen kommen.<br>


1986 stirbt auch ihr zweiter Sohn Urs viel zu früh im Alter von 46 Jahren. Nun bleibt ihr nur noch Tochter Pia, welche ebenfalls im Hause wohnt und sie im Alter unterstützen kann.<br>
1986 stirbt auch ihr zweiter Sohn Urs viel zu früh im Alter von 46 Jahren. Nun bleibt ihr nur noch Tochter Pia, welche ebenfalls im Hause wohnt und sie im Alter unterstützen kann.<br>
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Geschichte / Erzählung: Pia Müller<br>
Geschichte / Erzählung: Pia Müller<br>
Masken: Rosmarie Flückiger<br>
Masken: Rosmarie Flückiger<br>
Photos: Pia Müller, Paul Hollenstein, Susan Steiger<br>
Photos: Pia Müller, Paul Hollenstein</small><br>
Videos: Paul Hollenstein, Mutterformen: Susan Steiger, Steiger-Masken</small><br>
 
<small>Text: Paul Hollenstein 2018</small>
<small>Text und Video: Paul Hollenstein 2018</small>


[[Kategorie:Wirtschaft und Gewerbe]]
[[Kategorie:Wirtschaft und Gewerbe]]
[[Kategorie:Filmaufnahmen]]
[[Kategorie: Erzählte Geschichte]]

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