Ablassbrief von 1472

Aus WikiSpeicher
Version vom 22. Juli 2018, 23:08 Uhr von Pabegglen (Diskussion | Beiträge) (Die Seite wurde neu angelegt: «Einem Ablassbrief von 1472 ist zu entnehmen, dass bereits Mitte des 15. Jahrhunderts in Speicher eine Kapelle stand. Der Ablassbrief befindet sich im Landesarchi…»)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)

Einem Ablassbrief von 1472 ist zu entnehmen, dass bereits Mitte des 15. Jahrhunderts in Speicher eine Kapelle stand. Der Ablassbrief befindet sich im Landesarchiv in Appenzell. Transskribiert (wörtlich abgeschrieben) wurde er bereits 1833 von Johann Caspar Zellweger. Der Brief zeigt typische Merkmale der Ablassbriefe jener Zeit, gibt aber auch historische Details zu Speicher und zur Organisation der katholischen Kirche jener Zeit preis.

Der Brief wurde in der lateinischen Transskription veröffentlicht in „Urkunden zu Joh. Caspar Zellweger’s Geschichte des appenzellischen Volkes, zweiter Band erste Abtheilung, Trogen 1833, Seiten 412 - 413). Der Brief misst 57cm x 30 cm, die Siegel sind rund 5 cm lang. Übersetzung nach dieser Transskription durch Dr. Renate Frohne im Juli 2018. Zur besseren Verständlichkeit wurde die Darstellung des Originals (Lauftext ohne Absätze etc.) durch Absätze und Einzüge gegliedert.


Die Bischöfe Guiliermus von Ostia, Alanus von Praeneste und Franziskus, Diakon des heiligen Eustachius - mit göttlichem Erbarmen Kardinäle der allerheiligsten Römischen Kirche - senden allen und jedem einzelnen an Christus Glaubenden den vorliegenden Brief und einen ewigen Gruss im Herrn, sie mögen den vorliegenden Brief anschauen oder hören. Der Glanz der väterlichen [=Gottes] Strahlkraft, der mit Seiner unaussprechlichen Helligkeit die Welt erleuchtet, begleitet die gottesfürchtigen Gebete der Gläubigen, die ihre Hoffnung auf Seine Milde setzen, dann besonders mit gnädigem Wohlwollen, wenn ihre ergebene Demut von den frommen Verdiensten und Bitten der Heiligen unterstützt wird. Wir [die Genannten] wünschen also,

  • dass die Kapelle in der Ortschaft Spicher, in der Nähe (des Klosters) des Heiligen Gallus, zur Diözese von Konstanz gehörend, in gebührender Weise wieder hergestellt wird. Wir haben erfahren, sie bedarf recht aufwendiger Wiederherstellungen in ihren Strukturen und Gebäuden. Ferner dass sie [auf diese Weise] bewahrt und unterhalten wird und mit entsprechenden Ehren oft besucht und von den an Christus Glaubenden gemeinsam verehrt wird,
  • dass sie mit Büchern, Kelchen und anderem kirchlichem Schmuck, der im Gottesdienst benötigt wird, in gebührender Weise ausgestattet wird und
  • dass der Gottesdienst in ihr häufiger stattfindet und
  • dass die Gläubigen umso lieber zur Verehrung Christi zusammenströmen und zur Wiederherstellung, Bewahrung, Unterhalt und den anderen Vorausgeschickten besonders bereitwillig ihre hilfreichen Hände reichen, damit sie dort um so reicher durch dieses Geschenk der göttlichen Gnade erkennen, dass sie wieder belebt sind in ihrem Vertrauen auf die Barmherzigkeit des Allmächtigen und Gottes, sowie des Ansehens Seiner heiligen Apostel Petrus und Paulus.

Allen und allen einzelnen Männern und Frauen, die an Christus glauben und wahrhaft reumütig ihre Sünden bekannt haben, die an den Festen der Himmelfahrt der Heiligen Jungfrau Maria, der Geburt des Heiligen Johannes des Täufers, der Heiligen Maria Magdalena und des Heiligen Antonius, vom ersten bis zum zweiten Abendgottesdienst eben diese Kapelle ehrfürchtig besucht haben, und wenn sie ihre hilfreichen Hände, wie gesagt, zur Wiederherstellung, zum Unterhalt und zur Bewahrung und den anderen Vorausgeschickten gereicht haben, und zwar an den einzelnen Festen und genannten Tagen, an denen sie das taten, gewähren: Wir, die eingangs genannten Kardinäle, und all jene von uns, die sich aufgrund der Fürbitten der uns in Christus geliebten Tochter Gertrud Hoczer, Klosterfrau des Heiligen Franziskus, tief verneigt haben, voller Erbarmen im Herrn hundert Tage Ablass von den ihnen jetzt und für alle Zeit auferlegten Bussübungen. Dem zu aller und aller Einzelnen Bestätigung und Zeugnis Vorausgeschickten haben wir den vorliegenden Brief nun schreiben und mit unseren, der Kardinäle angehängten Siegel bekräftigen lassen. Gegeben in Rom, im Gebäude unserer Residenz im Jahr der Geburt des Herrn 1472 in der 5. Indiktion, am 12. Dezember, im 2. Jahr des allerheiligsten Pontifikates in Christus, dank der göttlichen Fürsorge unseres Vaters und Herrn Sixtus IV.