Kruesi, Walter Edison

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Humanist, Wohltäter und Sozialist. Der Bezug von Walter Edison Kruesi zu Speicher besteht einerseits in seiner Herkunft und andrerseits in einem Legat, das Ursprung der „Walter Edison Krüsi Stiftung“ ist.

Biographische Daten

Walter Edison Kruesi wurde am 3. September 1881 in Menlo Park, New Jersey, USA als viertes Kind von John und Emily (Zwinger) Kruesi geboren. Sein Vater John Kruesi war Ingenieur bei und Freund von Thomas Alva Edison. Den zweiten Namen „Edison“ bekam Walter zu Ehren von Edison, der auch sein Pate war. Ab 1886/87 wohnte die Familie in Schenectady, dem Sitz der Firma General Electric, deren Direktor John Krüsi war. Als er acht Jahre alt war, verlor Walter seinen Vater.
Nach den Jahren der Ausbildung und ersten beruflichen Tätigkeiten in Wohltätigkeitsorganisationen heiratete er am 9. Oktober 1909 Charlotte Green Kimball (Patton), eine der ersten ausgebildeten Sozialarbeiterinnen der USA. Die Ehe blieb kinderlos.
Das Paar hat sich bestens ergänzt, engagierten sich doch beide zeitlebens für die Schwächsten in der Gesellschaft, konsequenterweise waren beide politisch in der damaligen sozialistischen Partei aktiv und bis zum Bruch im Jahre 1917 prominente Führungsmitglieder.
Walter Edison Kruesi starb im November 1961.

Ausbildung

1898-1899 Union College, Schenectady, N.Y.
1899-1900 Zwischenjahr mit technischer Ausbildung in Betrieben der General Electric Company, Schenectady, zum Mechaniker, Eisenformer und Elektriker.
1900-1903 Union College, Schenectady, N.Y.
1903 Bachelor of Science, Wharton School of Business and Finance, Universität von Pennsylvania
1903-1905 Ausbilder und Doktorand in Wirtschaftswissenschaften, daselbst.

Beruflicher Werdegang

New York 1905 bis 1909
1905-1906 stellvertretender, ab 1907 Exekutivsekretär der New Yorker „Conference Charities and Corrections“, Vorläuferorganisation der Konferenz für soziale Wohlfahrt.

Boston 1909 bis 1912
1906-1911 Direktor der „School of Social Science“ (Schule für Sozialwissenschaften) in Boston wo er im Bereich der Boston Association für Heilung und Kontrolle von Tuberkulose die Einrichtung eines Winter-Day-Camp-Sanatoriums und einer der ersten Out-Door-Schulen (für tuberkulosekranke Kinder) einrichtete und beide Einrichtungen kommunalisierte. Als erfolgversprechend gegen die Erkrankung zeigten sich Hygienemassnahmen, ein Feld, in dem sich Walter E. Kruesi alsbald engagierte.
1909 Gründer des Milch-und Baby-Hygiene-Vereins in Boston und dessen Direktor bis Oktober 1911.
1911 Delegierter des Staates Massachusetts am 3. internationalen Kongress zu Säuglingssterblichkeit, Berlin, und der internationalen Hygiene-Ausstellung, Dresden. Kongress und Ausstellung waren nicht nur wegweisend für die Bekämpfung der Tuberkulose, sondern hatten auch Wirkung auf die Reformbewegung und den Städtebau (> Lichtorientierung, Grünanlagen).

Schenectatdy 1912 bis 1914
1912-1914 in Schenectady als Wohlfahrtskommissar Mitglied der ersten-sozialistischen Stadtregierung der USA unter George R. Lunn: damit Beauftragter der „Conference of Charities and Corrections“ (Bis 1917 Vorgängerorganisation für „Soziale Wohlfahrt“), später auch Kommissar für Stadtplanung.

New York 1914 bis 1961
1915 Assistent der Bürgermeisterkommission für Arbeitslosigkeit (New York)
1916-1917 Leiter des Public Employment Bureaus (Büro für öffentliche Beschäftigung = Arbeitsamt) von New York City 1918-1928 Tätigkeiten in der Wohlfahrtsadministration New York
1928-1935 Direktionsmitglied und Sekretär Brooklyn Garden Apartments Inc. (pionierhaftes soziales Wohnungsbauprojekt für 164 Familien zur Linderung der Wohnungsnot) 1931 - ? Leiter eines Alters- und Pflegeheims in Brooklyn
1938 - ? Aussendienstleiter Sozialversicherung (Social Security field manager) in Rochester N.Y.
1946 ? Covorsitzender Sozialversicherungsbüro Bedford-East New York

Weitere Tätigkeiten
1916 Commissioned captain O.R.C. (Ernannter Hauptmann im Officers’ Reserve Corps)
Ab 1917 im Aktivdienst als Major in verschiedenen Funktionen: Mitarbeiter im Rekrutierungsstab der Vereinigten Staaten von Amerika; beratendes Mitglied der Behörde für Entschädigung (Erwerbsersatz) für das Kriegsministerium; Vertreter des Kriegsministeriums im nationalen Komitee für Gefängnisse und Gefängnisarbeit; Mitglied des Kriegsministeriums für Kontrolle der Arbeitsnormen für Militärkleidung (Inspektion von Produktionsbetrieben für Militärbekleidung).
Mitglied der nationalen Konferenz für Stadtplanung
Mitglied von Sigma Phi (eine Art Geheimbund philantropischer Art).
Gemeindevertreter in der protestantischen Episcopal Church of the Ascension in New York
Vizepräsident (1930-1947) und Präsident (1948-1949) der „Edison Pioneers“, Vereinigung der Mitarbeiter, die vor 1885 mit Edison zusammengearbeitet hatten. In späteren Jahren kamen auch deren Nachkommen dazu.
1945 - 1948 Vizepräsident und Direktor der Woodstock (N.Y.) Historical Association
1955 Ehrendoktor für humanitäre Wissenschaften (humane letters) Union College, Schenectady

Politische Tätigkeit

Mitglied der Sozialistischen Partei der USA. Am 23. März 1917 gehörte er zusammen mit seiner Frau zu einer Gruppe prominenter Sozialisten, die mit einem Manifest eine Spaltung der Sozialistischen Partei herbei führten wegen Meinungsverschiedenheiten u. a. über den Kriegseintritt. Das Exekutivkomitee der Sozialistischen Partei hatte sich kurz zuvor für die Doktrin „Frieden um jeden Preis“ entschieden. Ein Teil der Abtrünnigen sammelte sich in einer Gruppe, die sich National Party nannte, andere wandten sich direkt der Demokratischen Partei zu.

Publizistische Tätigkeit

Publikationen zu Themen wie öffentliche Gesundheit, Arbeitslosigkeit oder kommunale Angelegenheiten. Beispiele:
„The Providence Fresh Air School“ in Charity and the commons 20 (1908), S. 97-99
„The School of Outdoor Life for Tuberculous Children“ in Charity and the commons 21 (1908), S. 446-449


Walter-Edison-Kruesi-Stiftung

Walter Edison Kruesi vermachte in seinem Nachlass ein Legat von 100’000 $ an den Kanton Appenzell Ausserrhoden. Daraus erfolgte1963 die Gründung der Walter-Edison-Kruesi-Stiftung mit Sitz in Herisau AR. Stiftungsratspräsident ist der Ratsschreiber des Kantons Appenzell Ausserrhoden, zur Zeit (2022) Dr. Roger Nobs.

Stiftungszweck
Der Ertrag des Stiftungsvermögens und nötigenfalls das Stiftungsvermögen sind für Zwecke von öffentlichem Interesse zu verwenden, für die keine Steuergelder zur Verfügung stehen. Unter anderem können die Gelder der Stiftung eingesetzt werden für Projekte, die das Leben der Bevölkerung verschönern und bereichern, zur Förderung der öffentlichen Gesundheit, zur Anlage einfacher, kleiner, netter Parks und Spielplätze und allenfalls auch zur Gewährung von Stipendien, um fähigen, vielversprechenden jungen Leuten mit gesundem Gemeinsinn höhere Studien zu ermöglichen oder zu erleichtern.

Erläuterungen Institutionen

Conference of Charities and Corrections
Diese Organisation suchte nach Lösungen für damals drängende Fragen: Ist es besser, pflegebedürftige Kinder in Heimen oder Pflegefamilien zu betreuen, und warum? Wie kann mit der wachsenden Zahl von Kranken umgegangen werden? Wie kann Verarmung verhindert werden?  Was ist der Zweck von Gefängnissen, Besserungsanstalten?

Out-Door-Schulen
In diesen Schulen wurde im Freien, resp. unter einem Dach an frischer Luft unterrichtet und zwar das ganze Jahr über, im Winter waren die Kinder in dicke Kleider gehüllt. Out-Door-Schulen erlebten in jener Zeit einen regelrechten Boom. Im gleichen Kontext stehen die Lungensanatorien in der Schweiz, z.B. jene mit mehreren tausend Betten in Davos, welche massgeblich zum Aufschwung von Davos beitrugen (ab 1901). Tuberkulose war weit verbreitet, bis 50% der Menschen trugen den Erreger in sich. Auch heute noch ist Tuberkulose in vielen Ländern eine tödliche Epidemie.

Garden Apartments
Auf Vorkriegsideen beruhende Mietgebäudekomplexe sozialen Wohnungsbaus, basierend auf Ideen der Reformbewegung. Brooklyn Garden Apartements in der Nähe der Brooklyn's South Slope - Greenwood Heights,errichtet 1928, mit der Adresse 725 Fourth Avenue, zwischen der 23. und 24. Strasse. Das ganze Bauprojekt umfasst 164 Wohneinheiten in 6 Blöcken.


Quellen:
The Advance-News (Ogdenburg), December 03, 1961, Page 5
Brooklyn Daily Eagle, Dec 7, 1935
Brooklyn Daily Eagle, Apr 10, 1928
Brooklyn Daily Eagle, Dec. 14, 1946
The Washington Herald vom 24. März 1917
New York Tribune vom 6. Januar 1918