Abwasser

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Einleitung

Mit dem Ausbau der Wasserversorgung in der frühen Neuzeit verflüssigten sich die Fäkalstoffe. Deshalb liess man das Abwasser aus Fäkaliengruben einfach versickern oder brachte es als Dünger auf Äcker und Wiesen aus. Die sanitären Einrichtungen veränderten sich bis zur Mitte des 19. Jh. kaum. Die sogenannte Kloakenreform (1867/68) veränderte die Schamgefühle; plötzlich empfand man die Harn- und Kotentleerung in der Öffentlichkeit als unschicklich.
Unter dem Eindruck von Cholera- und Typhusepidemien, entstanden meist aus fehlender Hygiene, nahmen Städte nach der Mitte des 19. Jahrhunderts den Bau von Kanalisationsnetzen in die Hand. Unmittelbar danach wurden auch zentrale Wasserversorgungen eingeführt.
In St. Gallen entstand 1917 die erste mechanisch-biologische Kläranlage der Schweiz. Trotzdem liessen noch lange wirkliche Verbesserungen des Gewässerschutzes auf sich warten. Nach dem Erlass eines zweiten Gewässerschutzgesetzes von 1971 machte der Bau von kommunalen Abwasserreinigungsanlagen endlich Fortschritte.

Entstehung einer geregelten Abwasserentsorgung

Der Bau einer Wasserversorgung in Speicher war bereits 1899 auf Gesuch der Sonnengesellschaft in Planung genommen worden. Um die Entsorgung und Behandlung des in Haushalt und Industrie anfallenden Abwassers machte man sich aber weiterhin keine Gedanken. Erst mit dem Aufkommen des Umweltschutzes nahm man die Problematik der belasteten Gewässer wahr.
1949 findet man in der Lokalpresse die Nachricht, wonach das gänzlich den Hauseigentümern überlassene Kanalisationswesen "unbefriedigend" sei und der Gemeinderat wisse, dass in nächster Zeit eine erhebliche Aufgabe auf Speicher zukomme. Deshalb wurde vorsichtshalber eine Rückstellung im Budget vorgenommen. Es dauerte aber viele weitere Jahre, bis eine Gewässerschutzkommission gegründet und ein Kanalisationsreglement in Kraft gesetzt werden konnte.
Der Bau erfolgte koordiniert mit der laufenden Ortsplanung, wobei die betroffenen Gebäudeeigentümer nach dem Anschluss entsprechende Gebühren zu entrichten hatten. Die Abwasserleitung muss vom Hauseigentümer bis an das öffentliche Kanalisationsnetz selbst finanziert werden. Für die Ableitung bis zur ARA ist die Gemeinde zuständig. Verteilt über mehrere Jahre wurden nun rund 2,5 Mio. Franken für den Bau des Kanalisationsnetzes eingesetzt. Der Gewässerschutz wurde endlich eine feste Grösse in Budget und Rechnung, wobei Bund und Kanton Subventionen leisteten.

ARA Mühleli

ARA Mühleli

Nachdem die Hauptkanäle gebaut waren, beschäftigte sich die Gewässerschutzkommission vor allem mit dem Standort für eine Abwasser-Reinigungs-Anlage (ARA). Man einigte sich schlussendlich auf den Standort im Mühleli.
Zur Abwasserreinigung wählte man das Attisholz-System (mechanisch, biologisch), welches den späteren Einbau einer dritten (chemischen) Reinigungsstufe zur Phosphor-Ausfällung ermöglichen würde. Die Stimmberechtigten stimmten 1970 einem Baukredit von rund 1,5 Mio. Franken mit grosser Mehrheit zu.
Die ARA Mühleli wurde auf eine Einwohnerzahl von 4500 Personen ausgelegt, inklusive Gewerbe und Industrie. Nach den damaligen Berechnungen hätte sie für die nächsten 20 Jahre vollauf genügen sollen. 1973 wurde die neue Anlage in Betrieb genommen.

Sägli / Unterbach nach Trogen

Parallel zu den Leitungen zur ARA Mühleli wurden auch im Gebiet Sägli / Unterbach Abwasserleitungen verlegt. Die Abwasser dieses Gemeindegebietes wurden aber nicht zur ARA in Speicher, sondern über eine Pumpenanlage der ARA Trogen zugeführt. Diese Zusammenarbeit mit Trogen war später auch Vorbild für den gemeinsamen Bau einer Wasseraufbereitungsanlage für das Trinkwasser.

ARA Tobel

ARA Tobel

Auf Grund der grossen Bautätigkeit in der Schwendi erkannte man schnell, dass nebst der Erstellung von Kanälen auch im unteren Dorfteil eine eigene, kleinere ARA nötig sein würde. 1973 sagten die Stimmberechtigten Ja zum Kredit von 875 000 Franken für den Bau der ARA Tobel für rund 680 Einwohner in der Speicherschwendi. Wie froh man im untern Dorfteil über die neue Anlage war, zeigte sich bei der Einweihung 1975 mit einem grösseren "Schwendliger-Fest".



Betrieb

Mit der Leistung beider Anlagen war man erst zufrieden, als im Mühleli die unangenehmen Geruchsbelästigungen beseitigt werden konnten. Da der Industrieanteil an der Gesamtmenge Abwasser bedeutend höher war als zunächst angenommen, stellte sich heraus, dass die Anlage bereits 1978 zu 100 Prozent ausgelastet war. Das Sorgenkind blieb lange die Teppichwäscherei Knecht, welche 1993 das Mottenschutzmittel Permethrin in die Abwasserkanalisation eingeleitet hatte, was in der Goldach zu einem kompletten Fischsterben geführt hatte. Der daraus entstandene Klärschlamm in der ARA Mühleli musste speziell entsorgt werden.
Durch die starke Zunahme der Einfamilienhaus-Neubauten entstand eine grosse Belastung der ARA, welche zeitweise bei 150 Prozent lag. Dieses Problem konnte nur dank Zugabe von rund 9 Tonnen Tonerde pro Jahr verkraftet werden. Wegen neuer Bundesvorschriften betreffend Klärschlammbehandlung geriet die Erweiterungsplanung der ARA ins Stocken. Es war ohnehin schon schwierig, die rund 3000 Kubikmeter Klärschlamm an die Landwirtschaft abzugeben.

Peter Abegglen zu den Schwierigkeiten, welche die zuständigen Gemeindebehörden hatten, um den Klärschlamm abzugeben:


Entlastet werden konnte die ARA nur durch die sonst im Kanton noch wenig praktizierte Verwirklichung des Trennsystems im ganzen Bereich der generellen Entwässerungsplanung (GEP). "Sauberes" Dach-, Sicker- und Oberflächenwasser (Meteorwasser) gelangte nun kaum mehr in die Schmutzwasserkanäle und musste so nicht nochmals aufbereitet werden.

Rino Kittelmann, Klärwärter

Klärwärter Rino Kittelmann, der zweite seiner Zunft in Speicher, betreut bereits seit 33 Jahren die ARA Mühleli. Beim Bau der ARA war noch sein Vorgänger Jakob Walser im Amt.
Laut Statistik von Kittelmann flossen 2017 rund 400‘000m3 "geklärtes" Wasser in den Mühlelibach.


Das schlimmste für die ARA sei, wenn Gegenstände wie Plastikflaschen, sogar in Plastik verpackte Bratwürste, Unterwäsche, Tampons und Binden den Sandfilter belasten und ihm grosse Arbeit mit dem Einlaufrechen auferlegen würden. Solche Sachen gehören in den Hausmüll, aber nicht in den Abfluss!

Er wundert sich, wie solche Gegenstände ohne Nachhilfe überhaupt in den Ablauf gespült werden können. Tägliche Kontrollen, welche auch chemische Analysen beinhalten, sind Teil der Arbeit unseres Klärwärters.

Kanalisationsnetz

Wurden anfangs hauptsächlich Abwasserleitungen aus Steinzeug oder Zementleitungen verlegt, werden heute im Kanalisationsnetz praktisch nur noch Kunststoffrohre eingesetzt, die nicht nur schnell und einfach zu montieren, sondern auch preiswert und verrottungssicher sind.
Ab dem Jahr 2007 wird das Kanalisationsnetz Speichers schrittweise mittels Kanalfernsehen durchleuchtet.
Die ersten Leitungen der Kanalisation waren fast 50 Jahre alt und somit etwas in die Jahre gekommen. Bei der Analyse des Zustandes stellten die Verantwortlichen fest, dass durch Wurzeleinwuchs, tektonische Verschiebungen im Gelände, Rohrbrüche und teils offene Verbindungsmuffen Abwasser in die Böden versickert und dadurch der Grundwasserfluss verschmutzt wird, was zu gesundheitlichen Problemen führen könnte.
Die betroffenen Hauseigentümer erhielten daraufhin die Aufforderung, ihre Abwasserleitungen wieder in Ordnung zu bringen. Alle drei Jahre werden zudem alle Leitungen im Auftrag der Gemeinde gespült, damit sie immer frei und ohne Verstopfungen laufen können.

Pumpstation Flecken, eine von 25


Im Abwassernetz sind für die tiefer liegenden Regionen 25 Pumpstationen gebaut, welche mittels Schwimmer gesteuert ihre Fracht in die höheren Regionen befördert, so dass auch sie in den Kreislauf der Abwasserreinigung integriert ist. 13 dieser Pumpstationen, obwohl privat, werden wie die übrigen von der Gemeinde gewartet.




Erste Gedanken für Anschluss an AVA

Bis Ende 1985 waren bereits 10,75 Mio. Franken für die Gewässerschutzanlagen aufgewendet worden. Man schätzte, dass weitere 4,4 Mio. Franken notwendig sein würden.
Erstmals tauchte der Gedanke auf, einen eventuell langfristig kostengünstigeren Anschluss an den Abwasserverband Altenrhein zu prüfen, dem neben den oberen Bodenseegemeinden auch verschiedene Vorderländer Gemeinden angehörten. Die Befürworter sahen darin vor allem auch eine Lösung der schwierigen Klärschlammbeseitigung, weil sich Altenrhein für seine Pionierleistungen in Sachen Verwertung einen Namen gemacht hatte. In Altenrhein konnte Dünger aufbereitet oder Brennstoff für die Zementfabrik Untervaz produziert werden.
Trotz dieser Gedanken blieb auch eine Aufrüstung der ARA Mühleli mittels neuester Technik im Fokus. 1986 kam es in der Gewässerschutzkommission zu einem Eklat. Die Mitglieder akzeptierten den vom Gemeinderat bestimmten neuen Präsidenten der Kommission nicht und traten geschlossen zurück.

Schliesslich beschloss der Gemeinderat 1987 den Ausbau der ARA Mühleli und den Verzicht auf den Anschluss an Altenrhein. Der Ausbaukredit von 2,6 Mio. Franken wurde in der Folge genehmigt. 1992 konnte die Erweiterung mit einer Verdoppelung der Kapazität realisiert werden. Man war nun wieder auf dem neuesten Stand der Technik, aber Probleme mit der Schlammeindickung machten weiterhin Sorgen, und dies bis heute.

ARA Tobel eingestellt

Der ebenfalls notwendige Um- und Ausbau der ARA Tobel in der Speicherschwendi erwies sich als viel zu teuer. Ein Anschluss an die ARA Mühleli wäre mit einem zu hohen Energieverbrauch verbunden gewesen. Darauf beschloss die Gemeinde, den Anschluss der Schwendi an die ARA Hofen in St.Gallen, so dass im Tobel nur noch ein Pumpwerk notwendig war. Die "Schwendliger" ARA wurde im Jahre 1998, also nur 23 Jahre nach deren Inbetriebnahme ausser Betrieb genommen. 2017 mussten Pumpenanlage und Steuerung ersetzt werden.

Auslagerung der Klärschlammentsorgung nach Altenrhein

1999 wurde die problematische Klärschlammabgabe an die Landwirtschaft verboten, was bedeutete, dass damit die vorausgehende teure Hygienisierung des Klärschlammes entfiel. Mit dem Abwasserverband Altenrhein AVA konnte in der Folge ein Abnahmevertrag für die Entsorgung des Klärschlamms ausgehandelt werden. Im 2017 entsorgte Speicher rund 562m3 Klärschlamm, was bei einer Ladung von 13m3 pro Fahrt total 43 Tankwagenfahrten der Firma Eugster von Speicher nach Altenrhein erforderte.
Der Klärschlammstapel musste 2x jährlich abgepumpt und abtransportiert werden, wobei bei 7 Fahrten im Tag volle drei Tage gearbeitet werden musste.

Beitritt zum Abwasserverband Altenrhein (AVA)

Einzugsgebiet AVA

Schon bald wurde klar, dass wieder Sanierungen der in die Jahre gekommenen Anlagen anstehen würden. Über drei Jahre befasste sich eine regionale Fachkommission mit den entsprechenden Fragen und empfahl schliesslich den schon früher erwogenen Beitritt zum Abwasserverband Altenrhein (AVA).
Weil sich Rehetobel gleichzeitig zum selben Schritt entschloss, konnte mit einer für beide Seiten günstigen Lösung gerechnet werden. Das Budget der einmaligen Investitionskosten würde für Speicher rund 3,5 Mio. Franken betragen, wobei der Kanton das Vorhaben mit rund 30 Prozent der Gesamtkosten unterstützt. Die Stimmberechtigten liessen sich 2012 von den Vorteilen überzeugen. Diese sah man insbesondere in der höheren Betriebssicherheit, aber auch im Gewässerschutz und in der langfristig finanziellen Entlastung. Die Gemeinde würde eine der die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts dominierenden Aufgaben auslagern können.

Anschluss an AVA rückt näher

Die gemeinsame, von mehreren Gemeinden genutzte Ableitstrecke von der Lobenschwendi in Rehetobel bis zum Anschlusspunkt im Gebiet Obere Ebni in Eggersriet an das bestehende AVA-Kanalnetz wurde zwischen 2015 und 2016 erstellt.
Auf diesem 3. Leitungsabschnitt wurden zwei 2,75 km lange redundante (doppelte) Düker erstellt, welche das dazwischenliegende Tobel via Achmüli in teilweise schwierigem Gelände durchqueren. Zeitgleich wurde der 1. Leitungsabschnitt von der ARA Rehetobel bis zur Lobenschwendi gebaut und 2016 in Betrieb genommen.

Bohrung im Abschnitt Speicher bereitet Probleme

Im Sommer 2016 wurde mit dem Bau der Ableitstrecke von der ARA Speicher bis zur Lobenschwendi begonnen.
Eine erste 420m lange Bohrung musste vom Mühleli bis zur scharfen Linkskurve an der Halden gebohrt werden. Ab hier quert ein rund 1,2 km langer Düker das Goldachtobel, wobei die Ableitstrecke mehrheitlich gebohrt wurde und nur kurze Abschnitte in konventionellem Tiefbau verlegt worden sind.

Bei der grössten Teilbohrung, beginnend neben der Hauptstrasse im Gebiet Halden und endend beim Dükertiefpunkt Zweibruggen bei der historischen Holzbrücke an der Goldach, traten unerwartete technische Probleme auf (gebohrt wurde von der Holzbrücke nach oben). Dies führte zu einer Projektanpassung und zu einem längeren Baustopp.

Die technischen Abklärungen sowie die Einigung mit dem Bohrunternehmer zogen sich von Mai bis Oktober 2017 hin. Nach der Wiederaufnahme der Arbeiten, mussten sie im Dezember 2017 witterungsbedingt wieder eingestellt werden. Einwohner und Automobilisten mussten in den Gebieten Halden und Zweibruggen während der langen Bauzeit viel Geduld und Verständnis aufbringen, war doch die Verbindungsstrecke zwischen Speicher und Speicherschwendi phasenweise nur erschwert passierbar.
Der Einzug der Kunststoffrohre erfolgte von der Halde nach Zweibruggen. Zusätzlich zu den Rohren wurde auch ein Glasfaserkabel eingezogen, welches eine direkte Verbindung mit Altenrhein ermöglichen wird. Anschliessend stabilisierte man das Leitungsrohr im Bohrloch mit Bentonit.

Von Februar bis Mai 2018 wird ein zusätzlich benötigter Schieberschacht erstellt und die verschiedenen Leitungsabschnitte miteinander verbunden. Vor und hinter der Holzbrücke über die Goldach mussten je ein Interventionschacht gebaut werden. Dadurch hat man die Möglichkeit, die Leitung zu entleeren und zu reinigen.
Bei der Vorbereitung zur Überquerung der Goldach stellte man fest, dass die Widerlager der historischen Brücke verwittert sind und ersetzt werden müssen.
Bis zum Sommer 2018 wird die Ableitstrecke Speichers vollendet und funktionstüchtig sein.
Am 19. September 2018 wurde die ARA Speicher definitiv still gelegt, so dass das Rohabwasser Speichers nun nach Altenrhein zur Reinigung abgeleitet wird.

Inbetriebnahme.JPG













Auf dem Bild von links: Fredy Zünd, Gemeinderat, Rino Kittelmann, Klärwart, Kurt Bruderer, Sekretär Bau und Umwelt,
Christoph Egli, Geschäftsführer AVA, Frank Lükewille, Siedlungsentwässerung AVA

Dükerstrecke, was bedeutet das?

Dükerprinzip.JPG

Im Düker kann das Abwasser ein Hindernis überwinden, ohne dass Pumpen eingesetzt werden müssen. Dabei nutzt man das Prinzip der kommunizierenden Röhren, wonach sich Flüssigkeiten in miteinander verbundenen Röhren stets auf das gleiche Niveau einpegeln. Fließt nun auf einer Seite immer neue Flüssigkeit hinzu, so erreicht sie auf der anderen Seite dasselbe Höhenniveau und kann fast ohne Höhenverlust dort weitergeleitet werden.
Ein Düker besitzt immer einen Tiefpunkt und muss bei Störungen gegebenenfalls leergepumpt werden. Er ist immer als Druckrohr ausgebildet. Damit sich im Düker keine Feststoffe ablagern können, ist eine Fliessgeschwindigkeit von 1 m/s einzuhalten.

ARA Speicher nur noch Stapelbecken

Weil das Kanalnetz ab Eggersriet ursprünglich nicht für die anfallende Abwassermenge aller Gemeinden im oberen Goldachtal ausgelegt wurde, kann man sie nicht "wild und frei" laufen lassen. Dies bedingt eine Umnutzung der "alten" ARA’s zu Stapelbecken und einer chargenweise Ableitung des Abwassers.

Dafür wird sehr viel Mess- und Steuertechnik installiert sowie ein sehr komplexes Automationsprogramm (Bewirtschaftungskonzept) entwickelt. Oder anders gesagt: Die Abflusssteuerung erfolgt automatisiert mit Hilfe von Computertechnik.
Im Sommer 2018 beginnt der Umbau der ARA Speicher zum Stapelbecken. Dazu werden die heutigen Belebungs- und Nachklärbecken zu drei Tagesstapeln mit insgesamt 450 m3 Speichervolumen umgerüstet. Ein Regenwasserbecken mit 250 m3 wird bei Starkregen weitere anfallende Mengen zurückhalten können.
Das Abwasser im Zulauf zur ARA wird zunächst über einen Kies- und Sandfang geschickt, der die schweren Feststoffe herausfiltert, und in die Tagesstapel weiterleitet. Dort wird das Abwasser gestapelt bis eine Menge von ca. 50 m3 erreicht ist, welches einer Dükerfüllung entspricht. Über einen Zerkleinerer, der die im Abwasser enthaltenen Faserstoffe auftrennt, wird die «Charge» gesteuert und kontrolliert abgeleitet und tauscht den Dükerinhalt einmal vollständig aus.
Mit der Inbetriebnahme des Anschlusses an den AVA wird kein Wasser mehr aus der ARA Mühleli in den Mühlelibach gelangen können, mit Ausnahme eines Entlastungsereignisses bei starkem Regenwetter.
Während des Umbaus ist die ARA Speicher noch kurze Zeit und sehr beschränkt im Einsatz.

Ende 2018 wird der notwendige Umbau abgeschlossen sein, rund ein Jahr später als geplant.

Abwasserableitung nach Altenrhein

Anschluss Speichers an AVA

Auf Speicher bezogen fliesst das Abwasser ab der ARA Mühleli von 873m ü.M. über den 1. Düker (Länge 1,2 km) hinab nach Zweibruggen auf 671m, danach hinauf zur Lobenschwendi auf 829m, wo sich die Abwasserleitungen von Rehetobel und Speicher vereinigen.

Von dort geht es über den 2. Düker (Länge 2.46 km) via Aachmüli mit dem Tiefpunkt 618m ü.M. hinauf zur Oberen Ebni in Eggersriet auf 763m. Dieser gemeinsame Leitungsabschnitt wird aus hydraulischen, betrieblichen und sicherheitstechnischen Gründen redundant (zwei parallele Leitungen) ausgeführt.

Danach geht die Reise des Abwassers weiter über einen 3. Düker (Länge 0.59 km) Steingruben nach Untereggen.

Anschliessend verläuft die Leitung über Goldach nach Rorschach, wo ein 4,5 km langer Abwasserstollen von 3,14m Durchmesser bis nach Altenrhein führt.

Regenbecken im Vogelherd in Untereggen und an der St. Gallerstrasse in Rorschach sorgen dafür, dass bei Starkregen das Mischwasser vorgereinigt in die Gewässer entlastet wird. Die genannten Zahlen und Fakten zeigen, dass die Abwasserableitung Speichers und der weiteren angeschlossenen Gemeinden ein eindrückliches Bauwerk erfordert.

Wenn unser Abwasser in Altenrhein auf 400m ü.M. ankommt, hat es eine Distanz von 20,7 km hinter sich gebracht.

Mit dem Anschluss an den AVA übernimmt dieser die Wartung der Stapelbecken und aller öffentlichen Einrichtungen der Abwasserentsorgung Speichers, inkl. Pumpstationen, welche dafür auf Fernwartung und -steuerung umgebaut wurden.

Weniger Belastungen durch "gereinigtes" Abwasser im Gewässernetz Goldachtal

Da in Speicher, wie auch in Rehetobel (Wald und Trogen folgen später) nur in Ausnahmefällen wie z.B. starken Regenfällen Überlaufwasser in die Goldach gelangt, wird sich die Wasserqualität der Goldach und auch die des Bodensees verbessern können.
In Altenrhein verfügt die regionale Kläranlage momentan über drei Reinigungsstufen: mechanisch, biologisch und chemisch.

Funktionsprinzip ARA Altenrhein









ARA Abwasserverband Altenrhein


Davon ausgenommen ist jedoch die wachsende Zahl von Mikroverunreinigungen oder Spurenstoffen. Es handelt sich in erster Linie um Chemikalien für den Pflanzen- und Materialschutz, also etwa Biozide und Pestizide, Zusätze in Reinigungsmitteln oder Hautcrèmes sowie Antibiotika und Wirkstoffe aus Medikamenten wie z.B. Empfängnisverhütungsmittel.

Diese Stoffe kommen in sehr geringen Konzentrationen vor und können auf Wasserorganismen und auf ganze Ökosysteme eine verheerende Wirkung entfachen. Die "Verweiblichung von männlichen Fischen" ist nur ein Beispiel dafür.
Ab Mitte 2019 wird deshalb eine zusätzliche 4. Reinigungsstufe dazukommen, welche auch diese problematischen Stoffe ausfiltern kann (gesetzl. Anforderung 80%).

Trogen und Wald beteiligen sich

Verschiedene Projektanpassungen, insbesondere zur Verbesserung der Betriebssicherheit, sowie Auftragsvergaben über dem vorgesehenen Kostenvoranschlag führen für das Gesamtprojekt zu höheren Investitionskosten. Diese werden vom Abwasserverband Altenrhein, der als Bauherr auftritt, vorfinanziert und an die Gemeinden, so auch an Speicher, überwälzt. Die Tilgung erfolgt nach Abzug der Subventionen in Form gleichbleibender jährlicher Raten über einen Zeitraum von 40 Jahren.
Die Stimmbürger von Trogen und Wald haben im November 2017 entschieden, ihre eigene ARA ebenfalls aufzugeben und das Abwasser nach Altenrhein abzuleiten. Dieser Entscheid kommt indirekt den Gemeinden Rehetobel und Speicher entgegen, als dass die Erstellungskosten für die gemeinsam genutzte Ableitstrecke nun auf die vier Gemeinden aufgeschlüsselt werden können und sich dadurch der jeweilige zu übernehmende Anteil verringert.


Quelle: Gemeindeblatt Speicher, Abwasserverband Altenrhein, Hanspeter Strebel (Speicher, der Weg zum Heute)
Text: Paul Hollenstein, 2018
Fotos: Gemeinde Speicher, Abwasserverband Altenrhein, Paul Hollenstein
Video: Paul Hollenstein