Walser Gabriel

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Gabriel Walser (1695-1776) 
Pfarrer, Historiker, Geograf

Biographische Daten

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Geboren: 18. Mai 1695 Wolfhalden, gestorben am 10. Mai 1776 in Berneck.


Gabriel Walser stammt aus einer ausserrodischen Pfarrfamilie, die dem Lande während mehrerer Generationen Seelsorger stellte. Sein Grossvater Konrad Walser war Pfarrer in Teufen; sein Vater Gabriel stand 52 Jahre lang in Teufen, später in Wolfhalden im Amt und wurde 1699 Dekan der appenzellischen Geistlichkeit (Synode).
Den ersten Unterricht erhielt der junge Gabriel von seinem Vater im Pfarrhaus Wolfhalden. Mit 17 Jahren ging er an die Universität, studierte zwei Jahre in Basel, dann - bei offenbar ziemlich unstetem, akademischem Wanderleben - in Marburg, Tübingen, Jena und Halle. 1717 legte er in Basel die theologische Prüfung ab und blieb hierauf einige Jahre als Kandidat im väterlichen Hause.
1718 Heirat mit Maria Elisabeth aus der vornehmen St. Galler Familie Zollikofer.
1721 Wahl zum Pfarrer von Speicher, wo er bis 1745 wirkte. Neue Pfarrstelle in Berneck, wo er bis zu seinem Tod wirkte. Sein einziger Sohn starb vor ihm in holländischen Diensten. Das Walser’sche Pastorengeschlecht wurde durch seinen älteren Bruder Konrad (Pfarrer in Herisau) fortgeführt.





Engagement in Gesellschaft und Politik

Seine theologische Bildung ging offenbar nicht in die Tiefe, aber er entfaltete doch eine nachhaltige Wirksamkeit. Mit Vorliebe knüpfte er religiöse Betrachtungen an die Werke der Natur und suchte das Volk durch das Beispiel einer toleranten Gesinnung und einer hingebenden praktischen Tätigkeit zu fördern.
 Mit Eifer nahm er sich des Schulwesens an. Ganz besondere Sorgfalt widmete er aber den Geisteskranken. Es verdient hervorgehoben zu werden, dass er ihnen gegenüber die Anwendung von Zwangsmassnahmen verwarf und als beste Heilmittel schonende Behandlung, Zerstreuung und leichte Arbeit empfahl.
 Nicht ohne Leidenschaft stürzte er sich in den „Landhandel“, der 1732 über Gegensätzen politischer und persönlicher Natur zwischen den von der Familie Wetter in Herisau geleiteten „harten“ und den an die Zellweger in Trogen sich anschliessenden „linden“ Gemeinden ausbrach und beinahe zum Bürgerkrieg führte. Er trat in Verbindung mit den intervenierenden Eidgenossen, berührte die Wirren auf der Kanzel, liess sich zur Beschimpfung der Gegner hinreissen und wurde von der überlegenen Partei der „Harten“ für diese Vergehen zu einer scharfen Geldbusse verurteilt, die ihn um so empfindlicher treffen musste, als seine ökonomischen Verhältnisse infolge des geringen Einkommens und des Aufwandes seiner Frau ohnehin gedrückt waren.
Diese Erfahrungen und die unerquickliche äussere Lage mögen ihn veranlasst haben, 1745 die Pfarrstelle in Berneck zu übernehmen. Dort verblieb er in ruhiger amtlicher und literarischer Tätigkeit bis an sein Ende.

Literarisch-historische Tätigkeit

Schon in Speicher fühlte Walser das Bedürfnis, sich literarisch zu beschäftigen. Dies wurde möglicherweise verstärkt durch die eher bescheidenen Einkünfte als Pfarrer und den nicht eben bescheidenen eigenen Ansprüchen. Für die Jahre 1738–1745 schrieb er den „Alter und neuer Appenzeller Schreib-Calender“, in welchem er durch allgemein verständliche Besprechung der Naturerscheinungen, durch Vorführung geschichtlicher Gegenstände und durch moralisierende Erzählungen auf das Volk zu wirken suchte.
Inzwischen sammelte er in Archiven und Bibliotheken, in gedruckten und ungedruckten Werken die Materialien zu einer umfangreicheren historischen Arbeit, die 1740 in seinem eigenen Verlag unter dem Titel: „Neue Appenzeller-Chronick oder Beschreibung des Cantons Appenzell der Innern- und Aussern-Rooden“ erschien. Das den reformierten Orten der Eidgenossenschaft gewidmete Werk zerfiel in einen geographischen und einen historischen Teil. In jenem entwarf der durch zahlreiche Wanderungen wohlberufene Autor ein Bild von der „natürlichen Beschaffenheit und Regimentsverfassung“ des Landes, sowie der einzelnen Gemeinden; in diesem stellte er die Landesgeschichte in chronologischer Anordnung von der römischen Zeit bis auf seine Tage dar. Dem stattlichen Bande war ein Anhang mit Urkunden aus den Jahren 1378 bis 1667 und mit Beamtenverzeichnissen beigefügt.
Walser wurde zu seinem Unternehmen durch die bis 1682 reichende, nicht eben zuverlässige „Appenzeller Chronik“ des Pfarrers Bartholomäus Bischoffberger in Trogen angeregt und beabsichtigte, „eine ganz neue, grundlich und unpartheyische, kurz gefasste vaterländische Historie“ zu schreiben. Doch war seine Arbeit mehr nur eine Erweiterung und Fortsetzung, als eine wirkliche Verbesserung jenes älteren Werkes. Dagegen bietet das Werk besonders für das 17. und das beginnende 18. Jahrhundert eine Fülle willkommener, mit grossem Fleiss zusammengetragener Notizen, die ihm eine bleibende lokalgeschichtliche Bedeutung sichern. Mit dem Frühjahr 1732 musste Walser seine Chronik abbrechen, um nicht durch die Beschreibung des unheilvollen Landhandels neuerdings die Leidenschaften zu erregen.

Walser als Geograph

Früh widmete sich Walser auch geographischen Arbeiten. Für seine Chronik zeichnete er eine kleine Karte des Landes Appenzell, die zwar in eher primitiver Form teils nach Art eines Panoramas angelegt war, ihm aber doch einen gewissen Ruf verschaffte, sodass ihm wichtige auswärtige Verleger wie Seutter in Augsburg und Homann in Nürnberg kartographische Arbeiten übertrugen. Für Seutter lieferte er nach zahlreichen Reisen, die sich über die östliche und mittlere Schweiz und über Rätien erstreckten, die Karten der Kantone Luzern, Uri, Schwyz, Glarus, Appenzell und Graubünden. Unter Benutzung älterer Karten von Joh. Jak. Scheuchzer, Hans Konrad Gyger, Daniel Bruckner etc. zeichnete er in den Jahren 1763 bis 1768 fünfzehn Blätter für einen *Atlas novus reipublicae Helveticae“, nämlich die 18 Kantone mit Ausnahme Schaffhausens, die fürstlich St. Gallischen Lande, Graubünden und Wallis. Sie beruhten nicht auf eigentlichen Vermessungen, sondern grösstenteils auf blossen Schätzungen und touristischen Wahrnehmungen, lassen aber immerhin sowohl in der Richtigkeit der Anlage als auch in der Darstellung einen kleinen Fortschritt gegenüber den Scheuchzer’schen Karten aus dem Anfang des 18. Jahrhunderts erkennen. Das ganze Werk erfreute sich einer grossen Verbreitung.
„Zur Erläuterung der Homannischen Charten“ schrieb Walser eine „Schweitzer- Geographie samt den Merkwürdigkeiten in den Alpen und hohen Bergen“, die 1770 in Zürich erschien. Walser bezeichnet dieses Werk als ein „Compendium der grossen Staats und Erdbeschreibung der Eidgenossenschaft von Joh. Konrad Fäsi“. Doch hat das 5. Capitel: „Von den Merkwürdigkeiten in den Schweitzer-Alpen und hohen Bergen“, soweit es auf seinen persönlichen Erfahrungen beruht, einen selbständigen Wert; im übrigen schliesst er sich an Scheuchzer und besonders an Gottlieb Siegmund Gruner an. Für den zweiten Band des 1760 erschienenen Gruner’schen Werkes über die Eisgebirge des Schweizerlandes hatte er die Prospecte des „Gletschers auf Bernina“ und des „Gletschers auf dem hohen Säntis“ gezeichnet.

 Nach Johannes Dierauer, Wikisource ADB (Allgemeine Deutsche Biographie)Kursiver Text

Literatur:


Die wichtigsten Lebensdaten zu Gabriel Walser geben die Aufzeichnungen in einem Archivband (Familienbuch) der evangelischen Gemeinde Berneck
 Biographisches über Walser findet sich im Appenzellischen Monatsblatt, 2. Jahrgang 1826, Nr. 8 und 9 (von Pfarrer Vänziger in Trogen); bei B. Tanner, Speicher im Kanton Appenzell (Trogen, 1853), und in den Appenzellischen Jahrbüchern 1854.
 Im 7. Heft der 8. Folge der Appenzellischen Jahrbücher (Trogen, 1895) sind einige seiner Briefe an Abt Joseph von St. Gallen und an den Stiftsbibliothekar Zeller durch K. Ritter mitgeteilt.
 Über seine historischen und geographischen Arbeiten vgl. Georg von Wyss. Geschichte der Historiographie in der Schweiz (Zürich, 1895). – B. Studer, Geschichte der physischen Geographie der Schweiz (Bern und Zürich, 1863). – Rud. Wolf, Geschichte der Vermessungen in der Schweiz (Zürich, 1879).


Bildnachweis der beiden Karten:

„Das Land Appenzell (Gabriel Walser)“ von Gabriel Walser (* 1695; † 8. Mai 1776) - http://w2ww.zeitzeugnisse.ch/detail.php?id=4. Lizenziert unter Public domain über Wikimedia Commons - http://commons.wikimedia.org/w2iki/File:Das_Land_Appenzell_(Gabriel_Walser).png#mediaviewer/File:Das_Land_Appenzell_(Gabriel_Walser).png

„Die zwey erste zugewandte Orte der Eidgnosschaft nemlich: der fürstliche Abt von St. Gallen und die Stadt St.Gallen [Kartenmaterial] : samt dem Toggenburg und denen angraenzenden Orten Appenzell, Thurgeu und Rheinthal : c.p.s.c.m. / neu gezeichnet von Gabriel Walser reform: Pfarrer zu Berneck im Rheinthal“ Universitätsbibliothek Bern, ZB Ryh_8608_27.jpg

Karte der Fürstabtei St. Gallen und umliegende Gebiete
Karte Appenzell