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Für richtiges Fuhrwerk war bis weit in's 18. Jahrhundert hinein nicht eine einzige in's Appenzellerland führende Strasse fahrbar. Im Winter wurde wohl der Schlitten gebraucht, aber mehr neben, als in den Strassen, das einzige Fuhrwerk, das man etwa notdürftig anwendete, war der kleine zweirädrige Karren mit zwei hinten auf der Strasse nachschleppenden „Lanten", der Gabel, auf die man eine kleine Last legen konnte. Die hauptsächlichsten alten Strassenzüge führten naturgemäss dem Verkehrsbedürfnis entsprechend, von St. Gallen und den übrigen umliegenden Kirch- und Handelsorten her in's Land hinein. Der wichtigste unter ihnen war der zugleich dem weitern Durchgangsverkehr dienende Zug: St. Gallen, Speicher, Trogen, [[Ruppen 1831|Ruppen]], Altstätten. Im Jahre 1212 sah diese Strasse einen stattlichen Zug. Der deutsche Kaiser Friedrich II. kam mit grossem Gefolge von Sizilien her durch's Tirol und Chur. Abt Ulrich VI. von St. Gallen holte ihn mit so vielem Kriegsvolke, als er auftreiben konnte, in Altstätten ab und geleitete ihn feierlich über den „Ruggbein" und Trogen nach St. Gallen und nach ein paar Rasttagen weiter nach Konstanz. Der Weg führte von St. Gallen durch's Steingrübli, über's Jüch und den Kapf, durch's Loch nach Vögelinsegg, von da über die Höhe durch Hochrüti gegen den Brand, hinter dem Ack (im Hinterdorf Speicher) durch Herbrig und Schupfen, dann nach Rütenen, über den Bach nach Blatten, Bendlehn, nach dem Sägli, am Hochgericht vorbei über Thrüen, hinter dem Ast zur Landmarch nach Altstätten hinunter. Merkwürdigerweise war von alten Zeiten her die Stadt St. Gallen zum Unterhalt dieser Strasse bis zum Ruppen verpflichtet, während Altstätten das Stück auf seinem Gebiet zu besorgen hatte. Die Appenzeller waren aber mit den Leistungen der Stadt nicht zufrieden und übernahmen im Jahr 1609 auf ihrem Boden diese Pflicht selbst, ohne sie aber während langer Zeit besser zu erfüllen. Wirkliche Verbesserungen wurden erst von 1723 an vorgenommen, zuerst unterhalb Vögelinsegg. 1777 wurde die gewölbte Brücke über den Bruggbach gebaut, nach und nach die Hohlstrassen in Speicher aufgefüllt und die Strasse stellenweise weiter aufwärts verlegt.
Für richtiges Fuhrwerk war bis weit in's 18. Jahrhundert hinein nicht eine einzige in's Appenzellerland führende Strasse fahrbar. Im Winter wurde wohl der Schlitten gebraucht, aber mehr neben, als in den Strassen, das einzige Fuhrwerk, das man etwa notdürftig anwendete, war der kleine zweirädrige Karren mit zwei hinten auf der Strasse nachschleppenden „Lanten", der Gabel, auf die man eine kleine Last legen konnte. Die hauptsächlichsten alten Strassenzüge führten naturgemäss dem Verkehrsbedürfnis entsprechend, von St. Gallen und den übrigen umliegenden Kirch- und Handelsorten her in's Land hinein. Der wichtigste unter ihnen war der zugleich dem weitern Durchgangsverkehr dienende Zug: St. Gallen, Speicher, Trogen, [[Ruppen 1831|Ruppen]], Altstätten. Im Jahre 1212 sah diese Strasse einen stattlichen Zug. Der deutsche [https://de.wikipedia.org/w2iki/Friedrich_II._(HRR) Kaiser Friedrich II.] kam mit grossem Gefolge von Sizilien her durch's Tirol und Chur. Abt Ulrich VI. von St. Gallen holte ihn mit so vielem Kriegsvolke, als er auftreiben konnte, in Altstätten ab und geleitete ihn feierlich über den „Ruggbein" und Trogen nach St. Gallen und nach ein paar Rasttagen weiter nach Konstanz. Der Weg führte von St. Gallen durch's Steingrübli, über's Jüch und den Kapf, durch's Loch nach Vögelinsegg, von da über die Höhe durch Hochrüti gegen den Brand, hinter dem Ack (im Hinterdorf Speicher) durch Herbrig und Schupfen, dann nach Rütenen, über den Bach nach Blatten, Bendlehn, nach dem Sägli, am Hochgericht vorbei über Thrüen, hinter dem Ast zur Landmarch nach Altstätten hinunter. Merkwürdigerweise war von alten Zeiten her die Stadt St. Gallen zum Unterhalt dieser Strasse bis zum Ruppen verpflichtet, während Altstätten das Stück auf seinem Gebiet zu besorgen hatte. Die Appenzeller waren aber mit den Leistungen der Stadt nicht zufrieden und übernahmen im Jahr 1609 auf ihrem Boden diese Pflicht selbst, ohne sie aber während langer Zeit besser zu erfüllen. Wirkliche Verbesserungen wurden erst von 1723 an vorgenommen, zuerst unterhalb Vögelinsegg. 1777 wurde die gewölbte Brücke über den Bruggbach gebaut, nach und nach die Hohlstrassen in Speicher aufgefüllt und die Strasse stellenweise weiter aufwärts verlegt.


''<small>(Appenzeller Kalender 193 (1914): Salomon Schlatter, St. Gallen: Von alten Wegen und Stegen im Appenzellerland)</small>''
''<small>(Appenzeller Kalender 193 (1914): Salomon Schlatter, St. Gallen: Von alten Wegen und Stegen im Appenzellerland)</small>''
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[[Datei:Hauptweg historisch.jpg|rahmenlos|Historische Hauptroute durch Speicher]]
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<small>''Text:'' Peter Abegglen Februar 2017</small>






[[Kategorie:Verkehrswege]]
[[Kategorie:Verkehrswege]]

Version vom 2. März 2017, 11:23 Uhr

Für richtiges Fuhrwerk war bis weit in's 18. Jahrhundert hinein nicht eine einzige in's Appenzellerland führende Strasse fahrbar. Im Winter wurde wohl der Schlitten gebraucht, aber mehr neben, als in den Strassen, das einzige Fuhrwerk, das man etwa notdürftig anwendete, war der kleine zweirädrige Karren mit zwei hinten auf der Strasse nachschleppenden „Lanten", der Gabel, auf die man eine kleine Last legen konnte. Die hauptsächlichsten alten Strassenzüge führten naturgemäss dem Verkehrsbedürfnis entsprechend, von St. Gallen und den übrigen umliegenden Kirch- und Handelsorten her in's Land hinein. Der wichtigste unter ihnen war der zugleich dem weitern Durchgangsverkehr dienende Zug: St. Gallen, Speicher, Trogen, Ruppen, Altstätten. Im Jahre 1212 sah diese Strasse einen stattlichen Zug. Der deutsche Kaiser Friedrich II. kam mit grossem Gefolge von Sizilien her durch's Tirol und Chur. Abt Ulrich VI. von St. Gallen holte ihn mit so vielem Kriegsvolke, als er auftreiben konnte, in Altstätten ab und geleitete ihn feierlich über den „Ruggbein" und Trogen nach St. Gallen und nach ein paar Rasttagen weiter nach Konstanz. Der Weg führte von St. Gallen durch's Steingrübli, über's Jüch und den Kapf, durch's Loch nach Vögelinsegg, von da über die Höhe durch Hochrüti gegen den Brand, hinter dem Ack (im Hinterdorf Speicher) durch Herbrig und Schupfen, dann nach Rütenen, über den Bach nach Blatten, Bendlehn, nach dem Sägli, am Hochgericht vorbei über Thrüen, hinter dem Ast zur Landmarch nach Altstätten hinunter. Merkwürdigerweise war von alten Zeiten her die Stadt St. Gallen zum Unterhalt dieser Strasse bis zum Ruppen verpflichtet, während Altstätten das Stück auf seinem Gebiet zu besorgen hatte. Die Appenzeller waren aber mit den Leistungen der Stadt nicht zufrieden und übernahmen im Jahr 1609 auf ihrem Boden diese Pflicht selbst, ohne sie aber während langer Zeit besser zu erfüllen. Wirkliche Verbesserungen wurden erst von 1723 an vorgenommen, zuerst unterhalb Vögelinsegg. 1777 wurde die gewölbte Brücke über den Bruggbach gebaut, nach und nach die Hohlstrassen in Speicher aufgefüllt und die Strasse stellenweise weiter aufwärts verlegt.

(Appenzeller Kalender 193 (1914): Salomon Schlatter, St. Gallen: Von alten Wegen und Stegen im Appenzellerland)

1838 wurde die Ruppenstrasse gebaut, ihre Bedeutung schwand aber mit dem Bau der Eisenbahn, welche das Rheintal mit St. Gallen verband.

Historische Hauptroute durch Speicher


Text: Peter Abegglen Februar 2017