Krüsi John

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Beitrag Radio SRF vom 4.8.2014

  • In der Sommerserie "Sache gits: vo kreative Chöpf und grosse Würf" hat Radio SRF einen Beitrag zu John Krüsi ausgestrahlt. Nebst einer Audiodatei sind auch Fotos von John Krüsi vorhanden.

Sache gits: vo kreative Chöpf und grosse Würf

Biographische Daten

  • 15.5.1843 als uneheliches Kind der Juditha Krüsi in Heiden geboren.
  • Aufgewachsen im Waisenhaus Speicher, daselbst minimalste Schulbildung und wie alle Waisenhausbuben Mithilfe beim Sticken im Stickkeller.
  • Schlosserlehre in St. Fiden, anschliessend Lehr- und Wanderjahre in europäischen Ländern.
  • 1870 Auswanderung in die USA, Anstellung bei der Nähmaschinenfabrik Singer
  • 1871 Anstellung bei Thomas Alva Edison, zunächst Mitarbeiter, dann Werkmeister und Teilhaber
  • 1873 Heirat mit Emilie Zwinger, Tochter des Jakob August Zwinger, Apotheker im Thurgau, der Ehe entsprangen acht Kinder.
  • Genialer Konstrukteur, Mechaniker und Entwickler, teils eigene Erfindungen
  • Gestorben am 22.2.1899 in Schenectady (New York)

Schwierige Kindheit und Jugendzeit

Nach der Geburt in Heiden am 15. Mai 1843 wurde er seiner unehelichen Mutter Juditha Krüsi weggenommen und kam ins Waisenhaus von Speicher. Der Waisenvater war zugleich Schulmeister und „Unternehmer“ des hauseigenen Stickbetriebs, in welchem die Knaben mitarbeiten mussten um ihren Lebensunterhalt mitzufinanzieren, die Schulbildung war dementsprechend mager. Johann Heinrich Krüsi war schon früh von der Mechanik der Stickmaschinen fasziniert und konnte wegen dieses Interesses eine Schlosserlehre in St. Fiden bei St. Gallen machen. Nach Abschluss der Lehre zog er nach Zürich, wanderte (!) 1867 mit einem Freund an die Weltausstellung nach Paris. Nach Kurzaufenthalten in Italien, Belgien und Holland entschlossen sich die beiden, nach Amerika auszuwandern. Bei einer letzten Kurzvisite in der Heimat nahm Krüsi Abschied, auf einem Zwischenhalt in London bestaunten sie im South-Kensington-Museum die faszinierenden Maschinen und Apparate. Im gleichen Museum wurde später das von Krüsi gebaute erste Phonografenmodell ausgestellt.

Steile Karriere als Konstrukteur

In der neuen Heimat nannte er sich John Kruesi und fand 1870 in New York Arbeit bei der Nähmaschinenfabrik Singer, wo sein mechanisches Geschick in kurzer Zeit zu verschiedenen Verbesserungen der Maschinen führte. Obwohl ihm die Maschinenfabrik Singer gute Angebote machte, folgte er dem Ruf des damals schon berühmten Erfinders Thomas Alva Edison und suchte bei ihm 1871 in Newark Arbeit. Die beiden ergänzten sich hervorragend: Edison war der „Visionär“, dessen Erfindergeist nur so sprudelte von Ideen. Krüsi war der geniale Konstrukteur, der die Ideen Edisons in die Praxis umsetzen konnte, Grundlage dafür war sein Talent als geschickter Mechaniker. Bekannt für die perfekte Zusammenarbeit der beiden ist die folgende Anekdote: Beim Experimentieren mit dem Telefon kam Edison auf den Gedanken, die Töne zusätzlich noch aufzuzeichnen. Er skizzierte seine Idee und schrieb auf einen Zettel: «Kruesi, make this.» Nach wenigen Tagen brachte dieser das Gerät, von dem er nicht einmal den Zweck kannte. Schon dieser erste Prototyp des Phonografen funktionierte!

Erfindungen am laufenden Band

Krüsi half massgeblich bei der Entwicklung der von Edison erfundenen Glühlampe mit. Sie wurde am 27. Januar 1880 patentiert. Für die erste Lichtanlage auf dem Dampfer «Columbia» baute Krüsi den Dynamo. Bau des Pearl-Street-Kraftwerks (erster Grossgenerator) in New York mit Verlegung der ersten unterirdischen Stromverteilung mittels der patentierten Kruesi-Tubes: Sie bestanden aus in Eisenrohren eingelegten und mit Teer vergossenen Leitern. Muffen dienten zu ihrer Verbindung. 9 weitere Erfindungen, darunter selbstklebendes Isolierband und Stromabnehmer von Strassenbahnen mit unterirdischen Kontaktleitungen.

Geschäftsmann von hohem Ansehen

1886 bedrohte ein Streik das junge Unternehmen Edisons. Die Räumlichkeiten in Menlo-Park genügten nicht mehr. Krüsi fand geeigneten Ersatz in Schenectady, wohin der Betrieb 1887 verlegt wurde. Damit stieg Krüsi vom Werkmeister zum General Manager für den Fabrikausbau der aufstrebenden Firma General Electric auf. 1896 wurde er Chefingenieur bei General Electrics. Seine umfassenden Kenntnisse im Bereich der Elektrotechnik brachte er als Sachverständiger beim Bau der U-Bahnen von Boston und Baltimore ein. Das Personal nannte ihn «honest John», ein Zeichen von Respekt und hoher Achtung, Edison rühmte zeitlebens seine praktische Begabung, den unermüdlichen Fleiss und seine Korrektheit, die beiden verstanden sich auch auf privater Ebene, war doch Edison Krüsis ältestem Sohn Walter Pate. Die Edison-Biographen Robert Friedl und Paul Israel erachten Krüsi als entscheidend für Edisons Erfolge: «Wenn die Erfindungen, die herauskamen, nicht funktionierten, war es, weil sie schlecht waren, nicht weil sie schlecht gemacht waren. Und wenn die Ideen gut waren, so beweisen es die Produkte aus Krüsis Werkstatt» Alle Söhne Krüsis wurden Amerikaner, drei von ihnen nahmen am Ersten Weltkrieg teil. Im Alter von 55 Jahren starb Krüsi am 22. Februar 1899 zwei Jahre nach seiner Frau in Schenectady. Sein Begräbnis sei dasjenige eines Königs gewesen, wie ein Freund Krüsis sagte.

Einer seiner Söhne gründete 1960 die Walter-Edison-Krüsi-Stiftung mit Sitz in Herisau. Die Stadt Chattanooga (Tennessee) verleiht seit 2001 den „Kruesi Spirit of Innovation Award.“


Quellen:
Historisches Lexikon der Schweiz
Helmut Stalder: «Verkannte Visionäre. 24 Schweizer Lebensgeschichten». Erschienen im Verlag Neue Zürcher Zeitung. ISBN 978-3-03823-715-0