Krüsi Hans, Kunstmaler: Unterschied zwischen den Versionen

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Publikation zur Ausstellung „Hans Krüsi: Auch ein Nichts kann etwas werden“ im Kunstmuseum des Kantons Thurgau. (2001 Verlag Niggli AG, Sulgen/Zürich)
Publikation zur Ausstellung „Hans Krüsi: Auch ein Nichts kann etwas werden“ im Kunstmuseum des Kantons Thurgau. (2001 Verlag Niggli AG, Sulgen/Zürich)


Text, Fotos, Videoaufnahmen: Heinz Naef
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Version vom 8. Juli 2019, 10:42 Uhr

Hans Krüsi (Bild: P. Klee)


Vom Blumenverkäufer zum Künstler

Zeit vor seiner künstlerischen Betätigung

Hans Krüsi ist auch ein berühmt gewordener Speicherer Bürger. Am 15. April 1920 wurde er als erstes Kind von Emma Krüsi in Zürich geboren. Seinen Vater hat er nie gekannt und seine Mutter erst kurz vor seinem Tod kennen gelernt. Mit zwei Jahren wurde er in seiner Heimatgemeinde Speicher Pflegeeltern übergeben. Im Alter von zehn Jahren kam er ins Waisenhaus in der Holderschwendi. Die mangelnde Schulbildung und seine schwache Konstitution verhinderten seinen Wunsch, eine Gärtnerlehre zu absolvieren. So arbeitete er als Knecht im Thurgau, als Gärtnergehilfe im Kanton Zürich, im Waadtland und in der Stadtgärtnerei Bern.1947 kehrte er in die Ostschweiz zurück und wohnte vorerst in St.Gallen. 1948 machte er sich selbstständig und betätigte sich als Blumenverkäufer. Während rund dreissig Jahren reiste Krüsi fünf bis sechs Mal in der Woche nach Zürich an die Bahnhofstrasse, wo er an einem festen Standort seine Blumen feil bot. Diese kaufte er im Grosshandel und stellte sie selber zu Gebinden zusammen. Alpenrosen, die sich besonders gut verkaufen liessen, sammelte er frühmorgens in den Bergen und verkaufte sie noch gleichentags in der Stadt.

Blumenverkäufer Krüsi Kunstmuseum Thurgau.jpg



Seine Freizeit verbrachte er mit Reisen und Tonjägeraufnahmen. Mit seinem Töffli verreiste er oft am Wochenende und zeltete an Waldrändern. Dort zeichnete er mit seinem Tonkassettengerät Naturgeräusche, wie z.B. Vogelgezwitscher auf. Auch Gespräche mit Menschen, Musik aus dem Radio und Selbstgespräche waren ihm wert für eine Tonaufnahme.













Krüsi als Künstler

1975/76 begann Krüsi, sich bildnerisch zu betätigen. Auf Karton geheftete kleinformatige Bilder, bemalte Servietten und Fotografien stellte er neben seine Blumenkörbe. Seine bevorzugten Motive - aus seiner unmittelbaren Lebenswelt entnommen - waren Tiere, besonders Kühe. Bald erzielte er damit mehr Einnahmen als mit den Blumen. 1980 wurde eine Kunstgalerie auf Krüsi aufmerksam und stellte Bilder von ihm aus. Presse und Medien berichteten über den sonderlichen Aussenseiter und originellen autodidaktischen Künstler. Viele Ausstellungen folgten, sodass sich Krüsi ganz auf das Malen und Gestalten einlassen konnte.


Beispiele aus Krüsis Schaffen:

Trotz der finanziell verbesserten Lage blieben ihm grosse Sorgen. Immer wieder musste er sich gegen Mietzinserhöhungen, Mahnungnen und Kündigungen wehren. Immer wieder wurde er aus bescheidenen Wohnsituationen vertrieben, weil das Objekt abgerissen wurde oder weil die Anwohner sich beschwehrten. Ganz unschuldig an dieser Situation war Hans Krüsi nicht. Er konnte ja kaum etwas weggeben. Papier, Verpackungen, seine dreidimensionalen Objekte, Farben, Haushaltgeräte, Holz für Rahmen, usw. stapelten sich in seinen Wohnungen und oft auch im Treppenhaus. Jedenfalls lebte Krüsi bis zu seinem Tod in dauernder Angst, wieder weggewiesen zu werden und eine neue Bleibe suchen zu müssen.


Krüsi in Speicher

Vom Oktober 1981 bis Januar 1983 lebte er in Speicher, an der Kohlhaldenstrasse. Auch hier gab es Konflikte mit dem Vermieter, nicht zuletzt weil er Tauben in der Wohnung hielt. Im Nachhinein stellt sich die Frage, ob sich die Gemeinde für ihren doch berühmt gewordenen Bürger hätte mehr engagieren müssen.

Mario Hubmann erinnert sich an Hans Krüsi. Als Primarschüler wohnte er in der Nachbarschaft von Hans Krüsi.


Auch Jakob Eugster erinnert sich an Hans Krüsi. Er war Klassenkamerad in der Parallelklasse.


Sein Leben lang blieb der schon früh an Tuberkulose erkrankte Künstler in einem fragilen Gesundheitszustand. Seine schwächliche Konstitution, die armseligen Wohnbedingungen und eine mangelhafte Ernährung führten immer wieder zu Aufenthalten in Kuranstalten, Pflegeheimen und Spitälern. In den letzten Lebensjahren verstärkten sich die körperlichen Schwächen zusehends. In der Nacht vom 15. September 1995 starb der Künstler im Eingangsbereich seiner Wohnung an der Sternackerstrasse in St. Gallen an einem Lungenemphysem. Hans Krüsi wurde auf dem Friedhof Speicher bestattet. Der Plastiker und Kunstgiesser Max Oertli hat für ihn ein aussergewöhnliches Grabmal geschaffen.

IMG 4827.jpg







Nachlass von Hans Krüsi

Mit Ausnahme einiger Einzelvermächtnisse hat Hans Krüsi seinen gesamten Nachlass dem Kunstmuseum des Katons Thurgau in der Kartause Ittingen vermacht. Während rund fünf Jahren wurde die fast unüberschaubare Menge von gestaltetem Material ( Bilder, Zeichnungen, Fotografien, Negativen, Polaroids, durch Übermalung bearbeitete Fotografien, Tonbandaufnahmen, Prosatexte und Gedichte) gesichtet, geordnet und in museumswürdige Aufbewahrung überführt. So ist es jedermann möglich, sich mit dem Werk dieses aussergewöhnlichen Künstlers auseinander zu setzen.






Quelle: Publikation zur Ausstellung „Hans Krüsi: Auch ein Nichts kann etwas werden“ im Kunstmuseum des Kantons Thurgau. (2001 Verlag Niggli AG, Sulgen/Zürich)

Text, Fotos, Videoaufnahmen: Heinz Naef