Eugster Jakob: Unterschied zwischen den Versionen

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Die 4-jährige Lehre schloss Jakob Eugster mit der brillanten Note von 1,1 ab.<br><br>
Die 4-jährige Lehre schloss Jakob Eugster mit der brillanten Note von 1,1 ab.<br><br>
Adolf Hauke empfahl dem jungen Berufsmann zusätzlich noch den Abschluss als "Schweizerdegen" zu machen, also eine Zusatzausbildung zum Drucker, was ein weiteres Lehrjahr bedeutete und Hauke einen billigen Arbeiter bescherte. Hauke machte dem jungen Schriftsetzer und Drucker das Angebot, doch seine Druckerei zu übernehmen. Er müsse nur ein paar Jahre arbeiten, dann eine reiche Frau heiraten, dann komme es schon gut. Jakob Eugster wollte und konnte das Angebot nicht annehmen, denn die Technik und auch die Schriften in der Druckerei Haukes waren veraltet und hätten einige Investitionen erfordert. Als armer Bauernbub sei dies ausgeschlossen gewesen.
Adolf Hauke empfahl dem jungen Berufsmann zusätzlich noch den Abschluss als "Schweizerdegen" zu machen, also eine Zusatzausbildung zum Drucker, was ein weiteres Lehrjahr bedeutete und Hauke einen billigen Arbeiter bescherte. Hauke machte dem jungen Schriftsetzer und Drucker das Angebot, doch seine Druckerei zu übernehmen. Er müsse nur ein paar Jahre arbeiten, dann eine reiche Frau heiraten, dann komme es schon gut. Jakob Eugster wollte und konnte das Angebot nicht annehmen, denn die Technik und auch die Schriften in der Druckerei Haukes waren veraltet und hätten einige Investitionen erfordert. Als armer Bauernbub sei dies ausgeschlossen gewesen. Zudem hatte er sich bereits in Martha Hochreutener verliebt, was ihm ein anderes Leben vorzeichnete.
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Hauke Adolf mit Lehrling Jok Eugster.jpg| Jakob mit Lehrmeister Hauke
Hauke Adolf mit Lehrling Jok Eugster.jpg| Jakob mit Lehrmeister Hauke

Version vom 21. Mai 2019, 17:48 Uhr

Wer etwas über die letzten 90 Jahre Speichers erfahren will, kommt über Jakob Eugster nicht hinweg.

Jugendjahre

Am 23.4.1921, gegen 22:00h, wurde Jakob Eugster (Jok) als Sohn von Eugster Johann und Martha, geborene Altherr, auf der Neppenegg geboren. Die Mutter war bei der Geburt Jakobs bereits 48 Jahre alt. Jakob als Nachzügler war 11 Jahre jünger als das jüngste seiner 6 Geschwister. Ein Bruder war bereits gestorben.

Da das Haus erst 1945 an den elektrischen Strom angeschlossen wurde, gab es somit nur Petrol- und Kerzenlicht. Wasser holte man von einem Brunnen, der von einer Sonnhaldenquelle her per Pumpe gespiesen wurde. Ein Kupferzuber diente entweder zum Waschen und zur Zubereitung der Schweinekost. Im Winter gab es riesige Schneeverwehungen, so dass ein Durchkommen manchmal gar nicht möglich war. Eines Tages hat ein Föhnsturm das Dach des Hauses abgedeckt und rund 200m gegen den Unterbach hinunter geweht.

Im Keller stand ein Webstuhl, der aber nur zeitweise in Betrieb war. Die kleinen Aufträge kamen von der Firma Schefer und halfen der Familie, sich mit knapper Not über Wasser zu halten.

Familie verliert den Vater

Der Vater starb 1932, als Jakob fast 11 Jahre alt war. Der zweitälteste Sohn Konrad übernahm den Bauernhof mit 10 Kühen. Ein Jahr später zog die Mutter mit dem Nachzügler Jakob zu ihrem verwitweten Bruder (Vetter Hans) in den Trogener Unterbach. Jakob konnte weiterhin die Schule in Speicher besuchen, weil man jene Bleibe nur als vorübergehend betrachtete. Der Schulweg vom Unterbach ins Zentralschulhaus betrug etwa 40 Minuten.

Jakob Eugster erzählt, was er 1934 auf seinem Schulweg erlebt hat:


Schwierige familiäre Verhältnisse

Mutter Martha erkrankte an Schwermut, da sie die familiäre Situation zu stark belastete. Der älteste Sohn war nicht arbeitsfähig und musste von der Mutter umsorgt werden.

Jakob bekam einen Vormund. Dieser wollte den Knaben als Verdingbub an einen Bauern im Thurgau vermitteln. Der Lehrer Jakob Schläpfer aber wehrte sich für Jakob und sorgte dafür, dass er weiterhin zu Hause bleiben und in Speicher die Schule besuchen konnte.
Jakob erzählt von einem Schulausflug, der auf den Alvier hätte führen sollen und der ihm den ersten Schulschatz bescherte:


1936 erfolgte der Umzug zurück nach Speicher in die Blatten 26, dem kleinen Häuschen westwärts vom Gasthaus Blatten, wo die damalige Wirtin Lisette Mettler hiess. Bei ihr trafen sich die Bauern zum Jassen. Als Zins fürs kleine Häuschen mussten Eugsters damals Fr. 35.- /Mt. bezahlen. Zusammen mit dem ältesten und jüngsten Sohn wohnte die reduzierte Familie während 4 Jahren in diesem kleinen und damals bescheidenen Häuschen.

Lehre als Schriftsetzer

Jakob Eugster am "Setzen"

Jakob bekam 1936 eine Lehrstelle bei der Druckerei Adolf Hauke in Speicher, wo er Schriftsetzer lernen wollte.
Gelernt hatte er seinen Beruf vorwiegend in der Gewerbeschule. In der Druckerei (heute Lutz AG) war er nicht Lehrling, sondern musste selbständig die Arbeit eines Arbeiters erledigen.

Während der Lehrzeit merkte Jakob, dass er zu sich selbst schauen musste und zog wieder in die Neppenegg hinauf zu seinem zweitältesten Bruder Konrad (Chuedli). Dort fühlte er sich gut aufgehoben und war glücklich. Die Mutter selbst zügelte mit dem ältesten Sohn in den Sand (Trogen) zum jüngsten Bruder. Seit sie im Sand gewohnt habe, sagt mir Jakob, sei es ihr psychisch wieder besser gegangen.

Der junge Mann war durch die strenge Arbeit selbständig und ehrgeizig geworden. Mit dem einem selbst zusammengebauten Fahrrad sauste er jeweils über die gekieste Neppeneggstrasse ins Dorf hinunter zur Arbeit. Ein Nachbarsmädchen, welches er einmal per "Velostopp" mitgenommen hatte, wird den Sturz nicht mehr vergessen haben. Oberhalb Röhrersbühl sei ein Riegel quer über die Strasse gegangen, was er leider zu spät bemerkt hätte. Wegen dem grösseren Gewicht mit 2 Personen sei der Bremsweg auf dem losen Kies zu lang gewesen und so sei es zum Sturz gekommen. Zum Glück sei ausser blauen Flecken nichts passiert.

Die 4-jährige Lehre schloss Jakob Eugster mit der brillanten Note von 1,1 ab.

Adolf Hauke empfahl dem jungen Berufsmann zusätzlich noch den Abschluss als "Schweizerdegen" zu machen, also eine Zusatzausbildung zum Drucker, was ein weiteres Lehrjahr bedeutete und Hauke einen billigen Arbeiter bescherte. Hauke machte dem jungen Schriftsetzer und Drucker das Angebot, doch seine Druckerei zu übernehmen. Er müsse nur ein paar Jahre arbeiten, dann eine reiche Frau heiraten, dann komme es schon gut. Jakob Eugster wollte und konnte das Angebot nicht annehmen, denn die Technik und auch die Schriften in der Druckerei Haukes waren veraltet und hätten einige Investitionen erfordert. Als armer Bauernbub sei dies ausgeschlossen gewesen. Zudem hatte er sich bereits in Martha Hochreutener verliebt, was ihm ein anderes Leben vorzeichnete.

Anschliessend arbeitete Jakob ein weiteres Jahr in der Druckerei, bevor er 1942, also mitten im 2. Weltkrieg, die militärische Pflicht für unser Land erfüllte. Die Rekrutenschule absolvierte er in der Festung Airolo bei der Festungsartillerie. 650 Diensttage stehen am Schluss im Dienstbüchlein.

Familienglück

Als er sich 1946 mit Martha Hochreutener von der Holderschwendi vermählte, brachte er als Mitgift noch die Rationskarten mit in die Ehe. Mit der Geburt ihres Sohnes Peter im Jahre 1948 war das Familienglück perfekt.

1954 konnten Eugsters eine schöne Parzelle im Herbrig erwerben und ein Haus bauen.

Berufliche Herausforderungen

Beruflich arbeitete Jakob in mehreren Betrieben mit unterschiedlichsten Aufgaben, wobei der Drang, immer wieder den Arbeitgeber zu wechseln, stets vorhanden war. So arbeitete er in Basel, Pfäffikon, 30 Jahre bei der Volksstimme in St. Gallen, bei Schläpfer in Herisau 2x, und bei Tschudi am Spisertor.
Typograf, Maschinensetzer, Typografischer Gestalter, Kalligraf, Korrektor und Kundenberater zeigen, welch grosse Vielfalt Jakob Eugster an Aufgaben erledigen konnte und wie die Arbeitgeber mit ihm glücklich waren.

Zum Ende seiner beruflichen Laufbahn arbeitete er bei der Druckerei Schläpfer in Herisau.

Komödiant und Conférencier

Büttenrede zur Turnhallenheizung

Jakob trat auch dem TV Speicher bei, wo er später in das Amt des Aktuars gewählt wurde. Hier konnte er seine unglaublich komödiantischen Talente ausleben. Als begnadeter Schauspieler und Büttenredner brachte er ganze Säle voll.

Vor Allem jene Büttenrede im 2x prall gefüllten Saal des Hotel Löwen (Appenzellerhof), wo er als alte Kohlenheizung der Zentralschulhausturnhalle auftrat, bleibt vielen älteren Dorfbewohnern in bleibender Erinnerung.

Diese Büttenrede habe er in einer halben Stunde niedergeschrieben, was beweist, welch dringender Bedarf für eine Verbesserung vorhanden gewesen sei. Dass die Politik danach handeln und eine neue Heizanlage installieren musste, wäre für ihn ein weiterer Erfolg gewesen, sagt Jakob Eugster.

Hier der Text seiner Rede:

Sein Talent als Conférencier brachte ihm in der deutschen Schweiz viel Auftritte ein, so dass er weit herumreisen musste, um die Leute zu unterhalten. So an Klassentreffen, Batterieabenden, Jubiläen, Hochzeiten, Geburtstagen, Gautschfeiern usw.


Willy Herrmann erinnert sich an Jakobs Humor:



Politische Ämter

Die Gemeinde Speicher wählte Jakob Eugster 1969 zum Kantonsrat, dem er bis 1976 angehörte. Im Kantonsrat nahmen zu jener Zeit insgesamt nur 3 Sozialdemokraten Einsitz, was die Arbeit der kleinen Fraktion sehr erschwerte und bei Jakob oft Frust auslöste. Die Kommissionsarbeit aber, wo Lösungen gefunden werden mussten, liebte er sehr, denn hier konnte er sich einbringen und wurde allseits geschätzt.

Als es 1970 darum ging, im neuen Buchenschulhaus Kunst am Bau zu realisieren, wehrte sich Jakob Eugster mit den Worten:

"Was nützt hier Kunst am Bau, wenn die Kinder sie gar nicht beachten. Viel eher wäre ein schöner Bürgerbrunnen angebracht". Dieses Votum brachte ihm von den Behörden den Auftrag ein, das Projekt grad zu übernehmen und umzusetzen.

Der Lehrer Hans Schläpfer pflegte Kontakt zu Max Oertli, der auch den Gaucklerbrunnen beim Kunstmuseum St. Gallen realisiert hatte. Gemeinsam entstand der heute immer noch von vielen Kindern als Miniaturfreibad Speichers benutze Dorf-Brunnen.

Jakob erzählt, wie die Gemeinde Speicher zum Örtli-Brunnen auf dem Dorfplatz kam:
Video folgt!

Auch für die Strassenbezeichnung Speichers wurde Jakob beigezogen und amtete als Präsident.

Gemeinsamer Lebensabend

Jakob Eugsters 98. Geburtstag

Da mit zunehmendem Alter Haus und Garten für Jakob und Martha Eugster zu anstrengend wurden, übergaben sie die Liegenschaft 2009 an ihren Sohn Peter weiter und zogen für ihren Lebensabend in die Altersresidenz Hof im Zaun um.
Martha Eugster starb 2017 im Alter 98 Jahren.


Der 98 -jährige Jakob ist weiterhin auf den Strassen Speichers anzutreffen und plaudert gerne über dies und das. Und wer etwas interessantes über Speicher wissen will, braucht nur ihn zu fragen.


Durch das Wissen von Jakob Eugster können wir Verborgenes und Unbekanntes aus und von Speicher festhalten.