Der weisse Fleck im Zonenplan

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Zonenplan 2008.jpeg

Im Zonenplan einer Gemeinde sind die einzelnen Nutzungszonen mit unterschiedlichen Farben eingezeichnet, z.B. Wohnzonen, Gewerbezonen, Landwirtschaftszonen übriges Gemeindegebiet etc.

Warum aber blieb im Zonenplan Speicher von 2008 ein Teil der Oberen Schwendi ein weisser Fleck?


Der Grund liegt in einem langjährigen Streit um eine Zonenänderung zwischen Grundeigentümerin einerseits und Stimmbürgerschaft, politischen Behörden und Rekurrenten andrerseits.









Verkürzte Zusammenfassung über den Streit um die Zonenänderung[Bearbeiten]

obere Schwendi.jpeg

Die Ausgangslage 1978[Bearbeiten]

Die Parzelle. Nr. 1405 mit einer Fläche von rund 23'000 m2 wurde mit zwei angrenzenden Parzellen im Zonenplan von 1978 der 1- und 2- Familienhauszone zugewiesen, war somit als Bauland vorgesehen.

Eine Immobilienfirma kaufte die Parzelle Nr. 1405 und stellte als neue Besitzerin im April 1984 ein Baugesuch für eine Überbauung. Kurz darauf regte sich Widerstand gegen die Bebauungspläne.

Der Widerstand 1985[Bearbeiten]

Eine Initiative von Stimmberechtigten der Gemeinde Speicher forderte eine Umzonung der Parzelle 1405 und der angrenzenden Parzellen in die Zone «übriges Gemeindegebiet».

Die Initiative wurde im September 1985 in einer Gemeindeabstimmung angenommen.

Diese Initiative war Auslöser für den Streit um die Zonenänderung der Parzelle Nr. 1405. Der nachfolgende Streit dauerte über 40 Jahre lang.

Juristisches Hickhack[Bearbeiten]

Im Oktober 1985 erliess der Gemeinderat auf den betreffenden Parzellen eine Bausperre und noch im gleichen Monat legte er eine Zonenplanänderung öffentlich auf.

Diese Planänderung wurde von den Stimmbürgerinnen und -bürgern angenommen und vom Regierungsrat im März 1991 genehmigt, wogegen die Besitzerin Einsprache durch alle Instanzen erhob.

Das Bundesgericht hiess die staatsrechtliche Beschwerde der Besitzerin im Mai 1992 gut und hob den angefochtenen Entscheid auf. Grund: Dem in der Abstimmungsvorlage angebrachten Vorbehalt einer späteren Kreditzusprache für Enteignungsentschädigungen fehle die gesetzliche Grundlage. (Der GR befürchtete eine hohe Entschädigungszahlung an die Besitzerin)

Im Februar 1993 legte der Gemeinderat einen zweiten Zonenplan «Obere Schwendi» auf, der den südlichen Teil der Parzelle 1405 im Sinne eines Kompromissvorschlages der Wohnzone zuwies.

Im April 1994 hiess der Regierungsrat einen Rekurs eines Mitglieds des Initiativkomitees gegen den zweiten Zonenplan gut und verlangte, dass der Gemeinderat einen Teilzonenplan für die ganze obere Schwendi vorlege und die Parzelle 1405 der Landwirtschaftszone zuteile.

Dieser Weisung kam der GR mit einem dritten Teilzonenplan nach, der aber im September 1994 vom Stimmvolk abgelehnt wurde.

Mit Beschluss vom März 1996 lehnte es der Regierungsrat ab, auf seinen Rekursentscheid vom April 1994 zurückzukommen. Der Gemeinderat erliess deshalb den vierten Teilzonenplan «Obere Schwendi», der ohne Abstimmungsverfahren dem Regierungsrat überwiesen und von diesem im November 1996 genehmigt wurde.

Dagegen erhob wiederum die Besitzerin Beschwerde, die vom Obergericht im Januar 1998 teilweise gut geheissen und somit der Entscheid des Regierungsrates aufgehoben wurde. Das Obergericht wies die Sache zur Durchführung des ordentlichen Planauflageverfahrens an den Gemeinderat Speicher zurück, damit er die Planungslücke schliesse.

Im Juli 1998 beschloss der Gemeinderat den fünften Teilzonenplan, der vorsah, die Parzelle 1405 und die angrenzenden Parzellen der Landwirtschaftszone zuzuteilen. Dagegen erhob die Besitzerin erneut Einsprache beim Gemeinderat und nach deren Ablehnung Rekurs beim Regierungsrat. Das Verfahren wurde in der Folge sistiert, um Einigungsverhandlungen durchzuführen.

Am 1. Januar 2004 trat das neue kantonale Gesetz über Raumplanung in Kraft, welches vorsah, dass Rekurse erst nach einer Volksabstimmung entschieden werden.

Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger von Speicher stimmten dem Teilzonenplan «Obere Schwendi im November 2009 zu, worauf der Regierungsrat erst im März 2013 den Rekurs der Besitzerin abwies. Zwischenzeitlich hat 2012 die Immobilienfirma eine Beschwerde ans Obergericht gegen eine Rechtsverweigerung des Regierungsrates eingereicht. Das Obergericht wies die Beschwerde ab, wurde aber vom Bundesgericht gerügt, hat doch der Regierungsrat ohne ersichtliche Gründe so lange mit Entscheiden zugewartet.

Abschliessender Bundesgerichtsentscheid 2021[Bearbeiten]

Im November 2020 erhob die Besitzerin eine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht. Es sei festzustellen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Ungültigkeitserklärung der Zonierung nach dem Zonenplan 1978/1983 fehlten. Zugleich focht sie viele Zwischenentscheide an.

Mit dem ausführlich begründeten Urteil vom 11. Oktober 2021 wies das Bundesgericht die Beschwerden der Besitzerin ab. Damit konnten die über 40 Jahre dauernden Rechtsstreitigkeiten beendet werden.

Somit wird in einem kommenden Zonenplan der weisse Fleck in der oberen Schwendi verschwunden sein.


Link zum BGE. Entscheid: https://www.bger.ch/ext/eurospider/live/de/php/aza/http/index.php?highlight_docid=aza%3A%2F%2F11-10-2021-1C_635-2020&lang=de&type=show_document&zoom=YES&