Schatzsuche im Nonnenwald
Johann Bartholome Rechsteiner (1748-1816) erwähnt in seiner Chronik von ca. 1810 auf Seite 326, wo er die Waldungen der Gemeinde beschreibt, eine Begebenheit, die auch er nur vom Hörensagen kannte.
Nonnenwald
Rechsteiner schreibt:
Laut hiesigem Marchen Büchly hat die Gemeind Speicher einen Wald in des
Michael Rechsteiners Wayd gehabt, vermuthlich aber ist dieser der Nonnen Wald *)
geweßen, ob der Kreüz Gaß in Bendlehn, dieser ging vom Gatter 93 schreit
ob sich.
Ao. 1715 hat man dem Entz Koller die Lorchen nach abgekauft a ƒ. 12 und circa
Ao. 1719 ist dießer Wald verkauft und hernach Gschwendt oder außgereüth worden.
Dies bedeutet: Gemäss dem damaligen „Grundbuch“ (Marchen Büchly) besass die Gemeinde ein Stück Wald in der Weide des Michael Rechsteiner, vermutlich den sogenannten Nonnenwald, lag er doch rund 100 m (93 schreit = Schritte) oberhalb des Gatters an der Kreuzgasse, also etwa auf Höhe Röhrersbühl. 1715 kaufte man von Enz Koller (Pächter des Waldstücks?) Lärchen(holz) und 1719 wurde dieser Wald verkauft und anschliessend durch Schwenten (Rinde einschneiden zum absterben lassen) und Reuten (roden) in Wiesland umgewandelt, bis auf den heute noch bestehenden Rest links und rechts der Neppeneggstrasse.
Gerüchte - Spekulationen - Schatzsuche
Wegen dem namen Nonnenwald wolten ohnwüßende abergläubische
Leut behaubten, das ein Frauen Kloster dort gestanden, und ein
verborgner Schaz sich da befinde, das würcklich in 1750r u. 1760r
Jahren dort Schaz gegraben worden, aber sich betrogen befunden.
Die Behauptung, der Name Nonnenwald leite sich von einem ehemaligen Frauenkloster her, hat tatsächlich einen wahren Hintergrund. Es handelt sich um das im Jahre 1393 urkundlich gesicherte Bruderhaus zu Bendlehn, resp. das nachfolgende, ebenfalls urkundlich gesicherte (1472) Beginenhaus.
Dass das Volk Beginen und Nonnen gleich setzte ist verständlich, sind doch beides Glaubensgemeinschaften, die erste ohne, die zweite mit Gelübde.
Bald einmal rankten sich wohl Gerüchte um verborgene Schätze, so dass zwischen 1750 und 1770 einige „ohnwüssende und abergläubische Leut“ sich auf Schatzsuche begaben.
Wahrer Kern der Überlieferung
Es ist nicht anzunehmen, dass dieses Beginenhaus grosse Schätze hätte anhäufen können, die Enttäuschung der Schatzsucher konnte nicht ausbleiben.
Die genaue Lage des Beginenhauses lässt sich aus den historischen Quellen nicht ermitteln. Das Holz des Hauses (Balken, Bodenbretter) wurden zum Bau der ersten Gaststätte (Herberge) verwendet. Sie stand etwa an der heutigen Adresse Hauptstrasse 24 (Raiffeisenbank), wurde später noch zwei Mal versetzt und ist heute Teil des Hauses Wies 3. Das Haus hiess lange Zeit „Klausenhaus“, ein Hinweis auf Klause, also Häuschen eines Mönchs, resp. Bruders.
Text: Peter Abegglen, Sept. 2024